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Heilpädagogik online: Thema Hochbegabung

Die Fachzeitschrift Heilpädagogik online veröffentlicht in ihrem aktuellen Heft 02/09 interessante Artikel zum Thema Hochbegabung und Sonderpädagogik.

Das Heft kann man kostenlos downloaden!

Aus dem Inhalt:

Albert Ziegler
"Ganzheitliche Förderung" umfasst mehr als nur die Person: Aktiotop- und Soziotopförderung

Heidrun Stöger
Die Identifikation Hochbegabter basierend auf einem systemischen Begabungsansatz und deren Relevanz für Begabte mit heilpädagogischem Förderbedarf

Bettina Harder
Twice exceptional – in zweifacher Hinsicht außergewöhnlich: Hochbegabte mit Lern-, Aufmerksamkeits-, Wahrnehmungsstörungen oder Autismus

Philipp Martzog/ Heidrun Stöger/ Albert Ziegler
Neue empirische Befunde zum Underachievement Hochbegabter

Christine Sontag/ Julia Schäfer
Fördermöglichkeiten für Hochbegabte

Robert Grassinger
Beratung Hochbegabter

 

Dem Elternwillen ausgeliefert

Immer wieder gibt es Berichte wie den, der aktuell auf Spiegel online zu finden ist. Diesmal lautet der Titel Deutsche Schul-Boykotteure wollen Asyl in den USA:

“Der Fall sorgt für Aufsehen: Eine schwäbische Familie bibeltreuer Christen wollte ihre Kinder zu Hause unterrichten. Die Behörden verboten es, deshalb wanderte sie in die USA aus und beantragte Asyl als ‘politisch Verfolgte’. Ihre Unterstützer hetzen mit kruden Nazi-Parallelen gegen Deutschland.”

Auch die Süddeutsche berichtet: Flucht vor der Schulpflicht, ebenso die ZEIT: Schulpflicht ist richtig.

Jeder sollte “nach seiner Façon” selig werden dürfen, kein Thema –  und es mag tatsächlich den einen oder anderen Fall geben, in dem Homeschooling (vorübergehend) tatsächlich die beste Lösung für ein Kind ist. Auch in Hochbegabtenkreisen wird natürlich über “Unterricht zu Hause” diskutiert.
Mir bleibt das Ganze jedoch unsympathisch, daran hat sich nichts geändert (siehe hier).

Die Gefahr, dass Kindern die Auseinandersetzung mit der “bösen Welt draußen” versagt bleibt und sie auf Gedeih und Verderb dem – wie auch immer (ideologisch) geprägten – Willen ihrer Eltern komplett ausgeliefert sind, ist nicht zu unterschätzen.

Dazu die ZEIT: “Es ist gut, dass Deutschland an diesem Prinzip [der Schulpflicht] festhält. Denn wer hier von persönlicher Freiheit spricht, verwechselt etwas: Es geht nicht um die Freiheit der Eltern, sondern um das Wohlergehen der Kinder. Die haben ein Recht nicht nur auf Bildung, sondern auch auf individuelle Entfaltung und ihre eigene persönliche Freiheit. Sie kann durchaus über die Visionen ihrer Eltern hinausgehen.
Eltern haben zwar die Pflicht, für ihre Kinder zu sorgen und sie dürfen das auch entsprechend ihren Weltanschauung tun. Aber sie sollen deshalb noch lange nicht bedingungslos Macht ausüben. Das bedeutet es nämlich, wenn sie ihren Kindern andere Lebensentwürfe und Erfahrungen vorenthalten, die ihnen Lehrer und Mitschüler beibringen und vorleben. Die Schule ermöglicht es, viele Menschen und Sichtweisen kennen- und akzeptieren zu lernen und neue Talente zu entdecken.”

Elternwille – selbst der bestwollende –  kann dem Kindeswohl durchaus Schaden zufügen.
Das wird ungern gehört, gilt aber für viele Bereiche der Eltern-/Kindbeziehung.

Auch wenn unser Schul- und Bildungssystem eine ziemlich unübersichtliche und oft unbefriedigende Baustelle ist: Homeschooling kann die Lösung nicht sein.

 

Nur geradeaus ist zu wenig

Ein Bericht in Spiegel online “Bachelorstudenten ticken anders” beschäftigt sich mit den Veränderungen, die die Umstellung von Diplom- auf Bachelor-/Masterstudiengänge für Studenten mit sich bringt in Bezug auf Mentalität der Studenten, Art des Studierens, psychische Belange.

Im Interview meint der Politologe Roland Bloch, der für seine Doktorarbeit Studenten befragt hat, dass es seit Beginn des Bologna-Prozesses bei den Studenten der neuen Bachelor-Studiengänge einen deutlichen Trend zum stromlinienförmigen Akademiker gebe und sie anders “tickten” als die früheren Diplomstudenten:

”Selbstverständlich, schon weil sie ganz anders mit der Strukturierung in ihrem Studium umgehen und mehr Vorgaben berücksichtigen müssen. Das bleibt nicht ohne Einfluss auf die Mentalität der Studierenden. Die wird immer mehr von strategischen Überlegungen bestimmt. Insofern: Ja, Bachelorstudenten ticken anders, sie ticken vor allen Dingen strategischer. … Aus der Sozialerhebung des Studentenwerks geht hervor, wie sehr Bachelor-Studierende unter dem Leistungsdruck leiden.  Die Nachfrage nach Beratungsangeboten ist rapide gestiegen. Das Ziel der Reform, den Studenten bei der Organisation des Studiums zu helfen, wird verfehlt. Stattdessen hat die Unsicherheit zugenommen. … Die Verschulung des Studiums ist ein deutscher Sonderweg. Hier wurde strukturiert, wo Flexibilität gefördert werden sollte. Alles spricht dafür, dass die Reformen eher die Mobilität hemmen. Wegen der eng definierten Module und des straffen Zeitplans ist es kaum möglich, während des Studiums die Uni zu wechseln.”

Zeit, um neben dem Studium andere Aktivitäten zu entwickeln, wie z. B. das Organisieren von Uni- oder Schulprojekten, die Ausübung einer politischen Tätigkeit etc., die zwar vordergründig studienfern sind, aber doch wesentlich zur Erlangung verschiedenster Kompetenzen dienen, was durchaus relevant für die spätere Berufsfindung und -ausübung sein kann und nicht zuletzt die Persönlichkeitsreifung unterstützt, fehlt oft völlig.

“Stattdessen hat man heute immer die Berufsqualifikation im Blick – leider oft schon ab dem ersten Semester. Diese Anpassung geht aber an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts vorbei. Je stärker man ein Studium durchstrukturiert, desto mehr befördert man Stromlinienförmigkeit und verhindert produktive Umwege.

Ist zu befürchten, dass Hochschulen zu Ausbildungsbetrieben werden, die stromlinienförmige Menschen durch das Studium schleusen, die nur noch hypnotisiert wie das Kaninchen auf die Schlange den Studienabschluss im Blick haben und immer weniger in der Lage sind, Zusammenhänge zu erkennen, selbst zu denken und Kritik zu formulieren?

Dass diese Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen ist, erfuhr ich in einem Gespräch mit einem jungen wissenschaftlichen Mitarbeiter einer Uni, der, selbst dem Studium kaum entwachsen, die Hände über dem Kopf zusammenschlägt angesichts der zunehmend mangelhaften inhaltlichen Qualität abgelieferter Seminararbeiten: zusammengeklöppelte Versatzstücke, bei denen Fakten, Diskussion, Meinung, Kommentar, Schlussfolgerungen bunt durcheinandergewürfelt nicht mehr differenziert werden, erstellt nach dem Motto: Hauptsache im Zeitplan, Hauptsache fertig.

Funktionieren statt Lernen statt Begreifen statt Position statt Erfahrung sammeln.

Das ist zu wenig.

 

Hinter’m Mond

Vorgestern traf ich mich mit einer alten Bekannten zum Kaffee, die seit vielen Jahren Gymnasial-Lehrerin für zwei Sprachen ist.
Sie erzählte von mehreren Begebenheiten, in der sie vor den Schülern mehr als dumm da gestanden hatte – und sie alle drehten sich um den Computer und die gegebenen Internetmöglichkeiten.
In einem Falle hatte sie wohl den Schüler, der auf ihre Nachfrage, woher er eine bestimmte Information habe, antwortete, er habe das “gegooglet”, mit so großem Unverständnis gefragt, was das denn sei, dass die ganze Klasse in Lachen ausgebrochen war. In einem anderen Fall wusste sie nichts damit anzufangen, dass ein Schüler ein Thema mit einer PowerPoint-Präsentation vortragen wollte und nach einem Beamer fragte.
Wikipedia kannte sie auch nicht.

Lachen musste ich deswegen natürlich, als ich just am selben Tag abends in Spiegel online folgenden Beitrag las: Für Lehrer ist Wikipedia ein rotes Tuch

“Der Auftritt von Denis Barthel hat etwas von einer Werbeveranstaltung, doch seine Mission ist anders: Er will warnen, nicht werben. Ein Freitagmorgen, acht Uhr, erste Stunde in der Carl-von-Ossietzky-Gesamtschule in Berlin-Kreuzberg. In grauem Anzug spricht Barthel mit 21 Schülern der 10. Klasse. Der Projektmanager und Administrator von Wikipedia zeigt in einer Powerpoint-Präsentation verschiedene Einträge aus dem Online-Lexikon. Was die gemeinsam haben: Alle sind schlecht.”

Die Idee, die dort präsentiert wird, Wikipedia in den Unterricht einzubeziehen, selbst zum Thema bei den Schülern zu machen, wofür es sicherlich viele methodische Möglichkeiten gibt, ist eine äußerst gute. Mit Werbung macht man’s, mit Comics, früher mit der “Bravo” oder Frauenzeitschriften, mit Politikerreden etc. etc. Es mit Wikipedia-Artikeln zu tun, dazu ist es höchste Zeit…
Ziel: bewusste Wahrnehmung, kritischer Umgang, kluge Anwendung.

Schulung im Umgang mit dem Internet tut not. Differenzierter Umgang ist angesagt und kein Tabu.

Aber: “Den Schulen scheint das einerlei. Ihr Interesse an den Seminaren ist Ausdruck einer Hilflosigkeit: Medienkompetenz ist zwar fester Bestandteil der Lehrpläne, doch dem Online-Lexikon wird nicht der Raum gegeben, wie es einem Zentralorgan des Wissens gerecht werden würde. Norbert Neuß, Gießener Professor für Medienpädagogik, sieht die Probleme schon bei der Lehrerausbildung: ‘Nur wenige Hochschulen bieten Medienpädagogik an, sie wird eher noch zurückgefahren.’”

Die Schüler stürzen sich jedenfalls mit Begeisterung auf den neuen Unterrichtsinhalt. Er ist lebensnah – und was da alles wie “nebenher” gelernt wird, ist eine Menge und passiert fast automatisch: Wie gehe ich mit Quellen um? Was ist neutrale Darstellung, was Ausschmückung, Wertung etc.? Versteckt sich in einer sich objektiv gebenden Inhaltsangabe nicht doch eine Tendenz?
Natürlich könnte man diese Dinge weiterhin auch an konventionellen Inhalten vermitteln – aber warum sollte man in diesem Falle?

“Allerdings seien es nicht die Schüler allein, die Nachholbedarf in Sachen Wikipedia hätten: ‘Fragen Sie mal die Lehrer hier, ob die wissen, wie Wikipedia funktioniert.’
Das erfährt Denis Barthel an diesem Vormittag nicht. Zu jedem Aktionstag gehört auch eine Diskussionsrunde mit Lehrern – aber an der Ossietzky-Schule kommt keiner. Das Interesse der Lehrer sei bisher bei jedem Aktionstag sehr gering gewesen.”

Diese Lehrer scheinen es sich leisten zu können.

Ich machte eine entsprechende Erfahrung, als ich meine Bekannte nach dem Lesen des Spiegel-Artikels anrief und ihr von den Seminaren zu Wikipedia und den Möglichkeiten, solche Dinge als Unterrichtsstoff zu nutzen, gerade auch im Sprachunterricht, erzählte.
”Da müsste ich ja selbst erst einmal sehen, was das überhaupt ist, Wikipedia. Und dazu habe ich im Moment weder Zeit noch Lust.”

Die Blamagen-Schmerzgrenze scheint bei ihr – und vielen anderen – noch nicht erreicht zu sein…

 

Zum Nachahmen

Noch ein funktionierendes Modell integrativer Beschulung – diesmal hochbegabter Schüler/innen in einer “normalen” Grundschule – schildert das Schwäbische Tagblatt.

Grundschule mit Akademie: In Rottenburg werden an der Kreuzerfeld-Grundschule hochbegabte Kinder aus ganz normalen Schulklassen speziell gefördert.
Dabei ist dort nicht die Revolution ausgebrochen: Nur in sieben Wochenstunden werden die Hochbegabten gesondert unterrichtet.
Das aber reicht. Wobei das wirkliche Wesentliche an dieser Schule mit Sicherheit nicht die gesonderten Unterrichtseinheiten sind, sondern das spezielle Klima, das hochbegabte Schüler in ihrer Eigenart respektiert und unterstützt.
Dass sie einfach ”sein dürfen”, was sie sind – vielleicht die wesentlichste Unterstützung, die man diesen Kindern geben kann. 

In den speziellen Unterrichtsstunden geht es nicht um eine vielleicht beliebige Vielfalt zusätzlicher Themen, sondern vor allem um Vertiefung des Unterrichtsstoffes (zusätzliche Versuche, kompliziertere Begründungszusammenhänge erforschen etc.). Das ist genau die richtige Vorgehensweise: Den Dingen auf den Grund zu gehen, ist ja meist eine der Lieblingsbeschäftigung von Hochbegabten.

“Antje Widmann, die Mutter der achtjährigen Ilka … berichtet von einem „langen Leidensweg“. Ihre Tochter sei an ihrer ursprünglichen Schule depressiv geworden, habe unter Mobbing und Schlafstörungen gelitten und keine sozialen Kontakte mehr gehabt. ‘Jetzt’, so Widmann, ‘freut sie sich auf die Schule und ist ein anderer Mensch.’ Die Mutter führt das auch darauf zurück, dass das Mädchen seine besondere Begabung nun ausleben kann, ohne von Mitschülern gehänselt oder von Lehrern ausgebremst zu werden. ‘Hier darf sie mit negativen Zahlen rechnen. Hier wird sie respektiert.’“

Das Geheimnis, warum die hochbegabten Kinder sich wohlfühlen: “Kein Kind muss sich mehr zurückhalten.”

Was mir bei diesem Modell besonders gefällt, ist Folgendes:
”Einen Eignungstest für die Jugendakademie führt die Kreuzerfeld-Grundschule vor der Aufnahme der Kinder nicht durch. Wie Schulleiterin Frauke Betz erklärt, baut die Schule auf die Beobachtungen von Eltern, Lehrer/innen und Erzieher/innen. Denn so genannte hochbegabte Kinder fallen oft auf durch sehr einseitige Begabungen, die mit Unterforderung, Langeweile, Konzentrationsschwächen und schlechten schulischen Leistungen gekoppelt sein können.”

Das zeigt, dass da wirklich etwas verstanden wurde: Nicht nur hochleistende Hochbegabte haben hier eine Chance auf Akzeptanz und Förderung, sondern vor allem auch die sog. Underachiever, die hochbegabten Minderleister. Diese erregen eher durch problematisches Verhalten Aufmerksamkeit und fallen häufig durch alle Raster der Hochbegabtenförderung, weil diese oft nur die publikumswirksamen Hochleister im Blick haben. Gerade bei den Underachievern ist es aber elementar wichtig, früh Unterstützung zu leisten, um ihnen eine in jeder Hinsicht positive Entwicklung zu ermöglichen.

In der Kreuzerfeld-Grundschule scheint man – gepaart mit dem entsprechenden pädagogischen Fachwissen über Hochbegabung – wirklich den “individuellen Blick” auf die Kinder zu haben.
Hut ab!

 

Integration statt “Sonder”-Schule

Von der Unterzeichnung der UNO-Konvention, nach der die ca. 430.000 “Sonderschüler” in Deutschland nun in das normale  Schulsystem integriert werden müssen und das laute Schweigen um dieses Thema herum, ist hier schon berichtet worden.

Unter jetzt.de (zugehörig zur SZ) ist nun ein Bericht über das Münchner Adolf-Weber-Gymnasium zu finden, das schon lange integrativ sehende und sehbehinderte Schüler unterrichtet: Eine ganz normale Schule.

Auch in diesem Artikel wird wieder Bezug genommen auf die UNO-Konvention:
“Bundesweit wird nach wie vor der Großteil von Schülern mit körperlichen oder geistigen Behinderungen an speziellen Förderschulen unterrichtet. Nur rund 15 Prozent werden … in Regelschulen integriert und das, obwohl Deutschland im Dezember 2008 die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen unterzeichnet hat, die seit Jahresbeginn wirksam ist. Die Vertragsstaaten sind aufgefordert, „ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen“ für alle Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu schaffen, egal, ob sie körperlich, geistig oder lernbehindert sind. Aber im Vergleich zu Großbritannien, Portugal oder den skandinavischen Ländern, wo über 90 Prozent der behinderten Schüler an Regelschulen unterrichtet werden, liege die Bundesrepublik weit zurück, mahnte der Sozialverband Deutschland kürzlich. So erstaunt es nicht, dass der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung, Vernor Muñoz, das deutsche Bildungssystem im vergangenen Jahr auch aufgrund mangelnder Behindertenintegration als ‘selektiv, diskriminierend und ungerecht’ kritisierte.
Zahlreiche Behindertenverbände setzen sich nun für die Umsetzung der UN-Konvention ein, erste Klagen betroffener Eltern laufen bereits. Doch Uneinigkeit herrscht nicht nur darüber, wie Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf am besten betreut werden – alleine der Begriff der Integration ist umstritten. Denn dieser impliziere, dass etwas ‘Fremdes’ integriert werden müsse, bemängeln die Verbände und sprechen sich deshalb für eine inklusive Pädagogik aus, in der die Schule von Anfang an als eine Gemeinschaft mit den ihr eigenen Differenzen und Besonderheiten verstanden wird. Die Kultusministerkonferenz hat derweil eine Arbeitsgruppe einberufen, die über die Umsetzbarkeit berät.”

Im Adolf-Weber-Gymnasium hat man im Umgang mit den (seh-) behinderten Schülern folgende Maxime: “„Wir haben unsere behinderten Schüler nie als Störfaktor gesehen, sondern einfach als Schüler mit besonderen Bedürfnissen. Wir haben sie bewusst aus der sozialen Isolierung im ‘Blinden-Ghetto’ herausgelöst.”
Dabei ist man nicht naiv und erkennt Grenzen: “Der Versuch, auch hörgeschädigte Schüler aufzunehmen, habe sich als schwierig erwiesen. Denn wo bei blinden Kindern verstärkt auf verbalen Unterricht gesetzt wird, muss für Schwerhörige mehr visualisiert werden.”

Bei der Integration der “Sonderschüler” in das “normale” Schulsystem wird es immer wieder diese Grenzen geben. Nicht überall wird alles gleichzeitig möglich sein. Das spricht nicht gegen die Integration der Sonderschüler als grundsätzliches Ziel.

Wichtig sind gerade jetzt zu Beginn des Integrationsprozesses vor allem das Umdenken und die Fähigkeit, zu einer wirklichen Individualisierung des Unterrichts zu kommen. Diese wird zwar im Moment schon lautstark propagiert, aber im “richtigen Leben” noch nicht wirklich praktiziert. Ausnahmen bestätigen da immer noch eher die Regel, als dass sie sie außer Kraft setzen…

 

Bildung = Wissen + ?

Auf Spiegel online las ich ein Interview mit Günther Jauch mit dem Titel Bildung kann man nicht downloaden: ein bisschen was Buntes, ein bisschen Lebensweisheit.

Aufmerken lassen haben mich allerdings die letzten Sätze des Interviews:

”Wissen wird erst zu Bildung durch die Persönlichkeit eines Menschen. …
Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen!”

Wie wahr!

Im Lichte dieses Satzes – und nicht nur dort – ist es extrem kritisch, zu beobachten, wie im Zuge des “Turbo-Abis” Lehrpläne bis hin zu rudimentärem Oberflächenwissen hin verkürzt werden, das dann auch noch in einer alle überfordernden und auch unwürdigen Tour de Force, immer mit Blick auf Pisa und/oder die alldrohenden Kollektiv-Klausuren, auf die Schüler niedergeprügelt wird.

Im Lichte dieses Satzes erscheint es immer unsinniger, zielidentisches Lernen in Klassen als unausgesprochenes Dogma um jeden Preis immer weiter zu praktizieren – auf dem Rücken der Schwachen und der Begabten gleichermaßen.

Was erwartet man, auf diese Weise bei den Schülern erreichen zu können:
Liebe zum Lernen?
Fähigkeit zum Wissenstransfer?
Interesse zu wecken an Themen?
Lebensfreude, die motiviert, die Welt zu entdecken?
Lust, Position zu beziehen?
Freude an einem Hobby, daran, an einem Punkt in die Tiefe zu gehen?
Fähigkeit, differenziert zu denken?
Auf der Basis von Wissen reifen zu können?

”Wissen wird erst zu Bildung durch die Persönlichkeit eines Menschen. …
Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen!”

 

Unabsehbare Folgen: Mobbing in der Schule

Gar nicht viele Worte verlieren will ich zu dem sehr ausführlichen und betroffen machenden Artikel im Süddeutschen Magazin dieser Woche: Hurensohn! Stück Scheiße! Arschloch!, der sich mit Mobbing in der Schule beschäftigt. Ich wünsche ihm viele Leser.

Natürlich weiß ich, dass Schüler/innen aus den unterschiedlichsten Gründen zu Mobbingopfern werden. Da einer der Schwerpunkte dieses Blogs aber das Thema Hochbegabung ist und sich in besagtem Artikel ein entsprechendes Beispiel findet, sei es hier zitiert:

“Maximilian ist hochbegabt, er spielt nicht Fußball, sondern reitet und liest Sachbücher über den Holocaust. Maximilian ist vier Jahre lang in der Grundschule von seinen Mitschülern gequält worden, obwohl er dort einmal sogar die Klasse gewechselt hat. »Als die Mitschüler in der neuen Klasse von seinen Hobbys erfuhren, war es dort auch sofort vorbei«, sagt seine Mutter. Seit Sommer 2008 besucht Maximilian eine Realschule in der Nähe von Wolfsburg und wird weiter schikaniert. Zwei Jungs aus seiner Grundschule sind wieder in seiner Klasse.
Maximilian ist als Hurensohn, Stück Scheiße, Arschloch, Scheißbullensohn, Idiot beschimpft worden. Seine Mitschüler haben ihm ins Gesicht gespuckt, ihn im Handarbeitsunterricht mit Nadeln gestochen, ihm in den Arm gebissen, sodass die Wunde verbunden werden musste, und sie haben ihm einen Zahn ausgeschlagen. Ein Lehrer hat mal zu Maximilian gesagt: »Dann darfst du halt nicht so schlau tun«, ein anderer hat ihn »verwöhntes Früchtchen« genannt.
Maximilian antwortet auf die Frage, wie es ihm geht: »Nicht so prickelnd.« Er ist ein Zyniker – mit elf Jahren. Er hält die Kinder, die ihn plagen, mittlerweile für minderbemittelt. »Reden bringt bei denen nichts.« Wenn seine Mutter ihn morgens wecken will, öffnet sie eine Tür, auf die Totenköpfe gemalt sind, daneben steht: »Weckt mich nicht!« Wenn man sein Zimmer betritt, muss man Angst haben, dass seine aus Legosteinen gebaute Selbstschussanlage losgeht. »Ich gehe dem Mobbing aus dem Weg, indem ich oft nicht in die Schule gehe«, sagt Maximilian. …Maximilian bezeichnet sich als »dauerpessimistisch«. Es ist also davon auszugehen, dass er leidet und dass sein Leid nur von ihm allein zu ermessen ist. Außerdem ist davon auszugehen, dass Eltern sehr hilflos sind in einer solchen Situation. »Im letzten Monat haben wir ihn jeden Morgen zur Schule gebracht, weil wir Angst hatten, dass er sich etwas antut, wenn wir ihn allein losschicken«, sagt seine Mutter.
Längst wirken sich Maximilians Schulprobleme auf die ganze Familie aus. Sein Vater will ihn morgens zwingen, in die Schule zu gehen. Maximilian flippt aus, wird aggressiv, auch gegen die beiden älteren Schwestern. Oder er verzweifelt und wendet sich Hilfe suchend an seine Mutter. Aber die verstummt nur. Was soll sie tun? Sie spürt die Nöte ihres Sohnes und ist trotzdem machtlos.
Ob er sich wünscht, in eine Klasse zu gehen, in der er gemocht wird? Maximilian überlegt: »Ich glaub schon. Aber ich glaub, das geht nicht mehr.« Was würde er sich denn überhaupt wünschen? Maximilian überlegt wieder. Soll er cool sein, den Zyniker geben? Das kann er doch so gut. Aber dann sagt er: »Dass es einfach aufhört.« Pause. Und ergänzt, ganz leise: »Es wäre besser, wenn ich nicht existieren würde.«”

Um ehrlich zu sein: Natürlich macht diese Geschichte – wie alle Mobbing-Erfahrungen – betroffen. Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass im Falle Maximilians auch noch andere Dinge falsch laufen. Wieso um alles in der Welt  ist ein solcher hochbegabter Junge überhaupt auf der Realschule?
Dieser Frage sollte man tunlichst nachgehen – unter Einbeziehung der familiären Problematik, die mit Sicherheit in der Familie von Maximilian zu finden ist. Ungeschickte und falsche Entscheidungen im Elternhaus haben auch immer ihre Gründe und beeinflussen die Situation einen Kindes natürlich extrem, hier bei Maximilian bis hin zu einer unerträglichen Lebenssituation, die jeder kennt, aber keiner abzuändern bereit zu sein scheint.

 

Gemeinsam für Misereor: Wise Guys und Slumdog Millionär

Slumdog Millionär, der mit 8 Oscars prämierte Film kommt am 19. März in die deutschen Kinos. 
Ich habe ihn schon gesehen: In der letzten Woche hatte ich das Glück, noch Karten für eine Veranstaltung der besonderen Art zu bekommen:

In einem der größten, schönsten, ältesten und bekanntesten Kinos Deutschlands, der Lichtburg in Essen, fand ein Event statt, das die Verleiher von Slumdog Millionär zusammen mit dem Hilfswerk der katholischen Kirche Misereor auf den Weg gebracht hatten. Diese Zusammenarbeit – initiiert schon lange vor der Oscar-Verleihung – soll beiden nutzen: den Film promoten und Misereor Spenden für seine Aktion 2-Euro-helfen einbringen.
Viele Prominente unterstützen die Misereor-Aktion – und so war denn auch schnell für ein attraktives Vorprogramm gesorgt: die Wise Guys, die sich bereit erklärten, an diesem Abend ohne Gage aufzutreten.

Die Veranstaltung in der mit 1250 Plätzen ausgestatteten und ausverkauften Lichtburg sah also so aus:

  • Ein paar einleitende Worte der Verantwortlichen inklusive einem kurzen Interview mit den Wise Guys, die, gewohnt locker, in dem Kino viel näher und persönlicher wirkten als in den großen Hallen
  • ein kleines Konzert der Wise Guys samt jubelnd eingeforderter Zugabe, bei dem sich auch der Neue, Nils, in einem eigenen Song vorstellte
  • Vorführung des Filmes Slumdog Millionär – zum ersten Mal in deutscher Sprache

Wirklich eine attraktive Zusammenstellung!

Natürlich waren die Wise Guys gut, natürlich war ihr schönes kleines Vorprogramm-Konzert viel zu kurz – ausführlicher eingehen möchte ich aber auf den Film.
Slumdog Millionär: hochprämiert, hochgelobt, aber auch kritisiert.

Der Plot ist schnell erzählt: Ein Junge aus den Slums, Jamal Malik, gerät in die indische Ausgabe der Sendung “Wer wird Millionär”, eigentlich nur, um durch das Medium Fernsehen seine geliebte Freundin Latika wiederzufinden. Er beantwortet aber Frage auf Frage, weil alle diese – sehr unterschiedlichen – Fragen etwas mit seinem bisherigen Leben zu tun haben, was in Rückblenden deutlich wird. Dann steht er vor der letzten, entscheidenden Aufgabe…

Dies zuvor: Der Film ist absolut sehenswert, und ich werde ihn mir vielleicht auch noch ein zweites Mal anschauen. Trotzdem hat er mich etwas ratlos zurückgelassen.

Die Bilder sind sehr ästhetisch, die Regie äußerst gekonnt, Spannung ist absolut gegeben bis zuletzt, die Schauspieler, auch die indischen Kinder, agieren sehr gut, die Charaktere sind zwar nicht besonders tief gezeichnet, aber auch nicht holzschnitzartig, Indien als “Ort der Handlung” ist faszinierend, es gibt eine Liebesgeschichte – und dennoch…

Ich habe mich gefragt, was eigentlich das “Innerste” des Films ist, seine “Seele” sozusagen. Etwas hat mich nämlich aufmerken lassen: Trotz der sympathischen Hauptdarsteller, der Liebesgeschichte, der Spannung der Handlung etc. habe ich mich nicht wirklich identifizieren können – weder mit einer Person noch mit der Liebesgeschichte noch mit der hohen Spannung noch mit der elenden Situation in den Slums.

Den Plot, die Personen, die Liebesgeschichte, den Krimi, die Slums – all dies habe ich nicht als Zentrum des Films erlebt.
Ich habe nicht wirklich mitgefiebert, nicht wirklich mitgelitten. Anlass dazu wäre genug gewesen.
Der Film hat mich fasziniert – aber dennoch kühl zurückgelassen.

Es stellt sich die Frage nach dem Warum.

Ich habe eine Zeit gebraucht, um meine Reaktion zu verstehen – wobei ich meinen Eindruck, meine Analyse, hier natürlich als meine rein subjektive verstanden haben möchte.

Irgendwann ist mir aufgegangen:
Das Zentrum, das Innerste des Filmes, ist es nicht, eine lebendige Geschichte mit lebendigen Menschen zu erzählen, die zudem in einem Slum in Indien leben, was Mitleid erregen könnte. Das Zentrum, das Innerste des Filmes, ist es, ein abstraktes Prinzip zum Leben zu erwecken:

Das Aufeinanderprallen von Gegensätzen.

Davon lebt der Film. Das macht ihn faszinierend.
Das ist aber auch der Grund für die Kühle, die ich empfunden habe:
Nicht lebendiges Leben wird offenbart, sondern: Ein Prinzip wird mit Leben angereichert.

Herausgekommen ist dabei ein eindeutig spannendes, faszinierendes, buntes Kaleidoskop von Bildern, Handlungen und Eindrücken, dem es aber in der “Mitte” an echtem Leben, wirklichem Gefühl und mitfühlender Anteilnahme an den Schicksalen der Personen fehlt.

Indien bietet natürlich für die Umsetzung eines solchen Prinzips des Aufeinanderprallens der Gegensätze die absolut perfekte Projektionsfläche.

Schon im Titel des Films, der sowohl Plot als auch Prinzip präzise zusammenfasst, prallen die ersten Gegensätze aufeinander: Slumdog – Millionär.
Das ist Programm.
So kontrastieren ästhetische Bilder mit Scheiße im wahrsten Sinne des Wortes, eine gewisse “Slumidylle” mit einem brutalen Überfall, hässliche Hütten-Armut mit dem strahlenden Taj Mahal, die reichen Touristen dort mit den Jungs, die deren Schuhe klauen und im Slum wieder verhökern, Liebe mit Zwang zur Prostitution, Naivität und Menschenfreundlichkeit mit krimineller Brutalität und Härte, Erfolg mit Enttäuschung, Humor mit bitterbösem Ernst, vordergründige Freundlichkeit des Moderators mit abgezockter Häme hintenherum, Slumhütten mit modernen Hochhäusern, Fortschritte mit Rückschlägen, Folter mit Unterstützung, Lüge mit Wahrheit und so weiter und so weiter.
Man kann die Gegensätze alle gar nicht benennen.

Selbst innerhalb einer Person wird das Aufeinanderprallen von Unvereinbarem spannungsvoll inszeniert: Im Bruder des Protagonisten: Heruntergekommen zum “bösen”, skrupellos tötenden Gangster, der sich auch brutal gegen Jamal wendet, rettet er dennoch zweimal, im Grunde psychologisch nicht wirklich motiviert, in existentiell wichtigen Situationen Leben und Liebe seines Bruders – zwei Seelen in einer Brust.

Nur der Protagonist Jamal Malik ist gradlinig, fast ein-fältig, geht irgendwie traumwandelnd sicher und unkorrumpierbar durch alle Wirrungen hindurch, ist nicht zu brechen – und gewinnt am Ende.

Die letzten Bilder sind eigentümlich, als nehme sich der Film letztendlich selbst nicht ganz ernst. Im Grunde bedeuten sie einen Stilbruch – oder eben auch gerade nicht: Wieder – ein letztes Mal – prallen Gegensätze aufeinander. Diesmal vereinigen sie sich: Slumdog Millionär wagt ein Tänzchen mit Bollywood.

 

Ritalin und Hochbegabung

Zweifelhafte “Wunderwaffe” Ritalin!

In der letzen Zeit waren vermehrt kritische Artikel über die Diagnose “Hyperaktivität”und die medikamentöse Therapie von Kindern mit Ritalin und vergleichbaren Präparaten zu finden.
Die hier zitierten Stellen stammen aus:
Lieblingsdiagnose: Zappelphilipp (SZ) und
Ritalin-Kinder: Die Lehrer sind überfordert (Tagesanzeiger)

Die Verschreibung von Ritalin aufgrund der Diagnose ADHS ist in den letzten Jahren dermaßen sprunghaft angestiegen, dass es äußerst zweifelhaft erscheint, dass dieses Medikament tatsächlich immer nach wirklich sorgfältiger Diagnose verordnet wurde und wird.
So sagt denn auch Florian Heinen, Leiter der Kinderneurologie am Haunerschen Kinderspital der Universität München: “ADHS ist eine argumentative Missbrauchsplattform”.
Und: “Ritalin ist für die Lehrer der schnellste Weg, auffällige Kinder in den Griff zu bekommen” (Georg Feuser, Professor für Sonderpädagogik an der Universität Zürich).

Um Missverständnissen vorzubeugen: Es gibt Kinder und es gibt auch Erwachsene, für die Ritalin ein wirklicher Segen ist und die durch die Einnahme dieses Medikamentes zum ersten Mal überhaupt in die Lage versetzt werden, ein alltagstaugliches Leben führen zu können.

Das “Aber” wiegt dennoch schwer:

“Manchmal kommt die Diagnose ADHS aber auch eher den Bedürfnissen der Eltern, Psychologen, Ärzte und Erzieher entgegen und nicht den Kindern. Wenn endlich eine medizinische Erklärung für auffälliges Verhalten gefunden wird, und sich alle darauf geeinigt haben, dass das Kind krank ist, sind andere Beteiligte entlastet. Familiäre oder schulische Konflikte bleiben dann unbenannt. Und Ärzte müssen nicht mühsam das soziale Geflecht entwirren, in das ein Kind möglicherweise verstrickt ist. … Es gibt Hinweise auf psychosoziale Ursachen des Leidens. Stress verschlimmert die Beschwerden. Bei Kindern aus Unterschichtfamilien und von Alleinerziehenden wird häufiger ADHS diagnostiziert. In Migrantenfamilien ist das Leiden hingegen seltener."
Vielleicht weil dort mehr Toleranz für aktive und tobende Kinder zu finden ist?

Auch in der Beratung Eltern hochbegabter Kinder höre ich immer häufiger, dass Kindern mit einer erschreckenden Selbstverständlichkeit gegen ihre “Unruhe” in der Schule und ihren “Konzentrationsmangel” Ritalin verordnet wurde, sehr schnell meist – und höre von den Eltern im selben Moment, dass ihre Kinder aber stundenlang konzentriert arbeiten würden, wenn ihnen etwas Schwierigeres als üblich vorgelegt wird.
Ich kann mich da nur an den Kopf greifen!

Hört da keiner die Signale?!?

Häufig sind diese Kinder schon als hochbegabt diagnostiziert. Statt dass nun aber Konsequenzen aus dieser Diagnose gezogen worden wären – Überspringen einer Klasse, besondere Aufgaben etc. – wurde so getan, als sei nichts und ließ alles einfach weiterlaufen wie gehabt. Das Kind blieb natürlich unruhig wie zuvor.
Da sollte es dann das Ritalin richten.
Dieses Vorgehen grenzt an Körperverletzung – von der seelischen Qual nicht zu reden, die die Kinder erdulden müssen, weil keiner mit ihnen vernünftig umzugehen vermag.

Im Tagesanzeiger lese ich nun dies:
“Studien zeigen, dass ein gewisser Zusammenhang zwischen dem Aufmerksamkeits-Syndrom und Hochbegabung besteht. Manche betroffene Eltern glauben darum, dass ihre Kinder hochbegabt sind.”

Auch da kann ich mich nur an den Kopf greifen: Viele dieser “auffälligen” Kinder haben doch gar kein Aufmerksamkeitssyndrom, sondern sind chronisch unterfordert und wissen nicht, wohin mit sich!!!
Dass man sich NICHT mit ruhiger Konzentration auf das zwanzigste Blatt mit der Aufgabe, das 8000ste “Q” auszumalen stürzt, wenn man schon fließend lesen und auch vernünftig schreiben kann, das hat mit ADHS nichts zu tun, sondern mit der pädagogischen Unfähigkeit der betroffenen Lehrer und Eltern.

Umgekehrt wird ein Schuh aus der Aussage des Tagesspiegels: Viele Eltern (und Lehrer) glauben nicht, dass die betroffenen Kinder hochbegabt sind und dichten ihnen ein Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom an, damit sich das “Problem” mit Ritalin erledigen lässt.

Es ist viel die Rede von überehrgeizigen Eltern, die aus ihren verhaltensauffälligen Kindern gerne hochbegabte machen wollen: Ich habe allerdings in den vielen Jahren der Beratung dieses Phänomen sehr selten angetroffen. Die Eltern, mit denen ich gesprochen habe, neigen eher dazu, die Hochbegabung ihrer Kinder herunterzuspielen, sie wollen meist nur ein “normales” Kind und neigen gerne allzu schnell dazu, übereifrigen Ärzten zu glauben, mit Ritalin würde alles wieder heile werden – einfach so.

Dafür spricht auch Folgendes:
"Viele Kinder mit der Diagnose haben kein Aufmerksamkeitsdefizit – ihre Aufmerksamkeit ist nur nicht da ist, wo Eltern oder Lehrer sie gerne hätten", sagte ein Arzt für Familientherapie in einem Vortrag. Er bekam Anrufe empörter Eltern. Sie entrüsteten sich darüber, dass ihren Kindern die Diagnose streitig gemacht wurde.”

 

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