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Integration statt “Sonder”-Schule

Von der Unterzeichnung der UNO-Konvention, nach der die ca. 430.000 “Sonderschüler” in Deutschland nun in das normale  Schulsystem integriert werden müssen und das laute Schweigen um dieses Thema herum, ist hier schon berichtet worden.

Unter jetzt.de (zugehörig zur SZ) ist nun ein Bericht über das Münchner Adolf-Weber-Gymnasium zu finden, das schon lange integrativ sehende und sehbehinderte Schüler unterrichtet: Eine ganz normale Schule.

Auch in diesem Artikel wird wieder Bezug genommen auf die UNO-Konvention:
“Bundesweit wird nach wie vor der Großteil von Schülern mit körperlichen oder geistigen Behinderungen an speziellen Förderschulen unterrichtet. Nur rund 15 Prozent werden … in Regelschulen integriert und das, obwohl Deutschland im Dezember 2008 die UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen unterzeichnet hat, die seit Jahresbeginn wirksam ist. Die Vertragsstaaten sind aufgefordert, „ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen“ für alle Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu schaffen, egal, ob sie körperlich, geistig oder lernbehindert sind. Aber im Vergleich zu Großbritannien, Portugal oder den skandinavischen Ländern, wo über 90 Prozent der behinderten Schüler an Regelschulen unterrichtet werden, liege die Bundesrepublik weit zurück, mahnte der Sozialverband Deutschland kürzlich. So erstaunt es nicht, dass der UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung, Vernor Muñoz, das deutsche Bildungssystem im vergangenen Jahr auch aufgrund mangelnder Behindertenintegration als ‘selektiv, diskriminierend und ungerecht’ kritisierte.
Zahlreiche Behindertenverbände setzen sich nun für die Umsetzung der UN-Konvention ein, erste Klagen betroffener Eltern laufen bereits. Doch Uneinigkeit herrscht nicht nur darüber, wie Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf am besten betreut werden – alleine der Begriff der Integration ist umstritten. Denn dieser impliziere, dass etwas ‘Fremdes’ integriert werden müsse, bemängeln die Verbände und sprechen sich deshalb für eine inklusive Pädagogik aus, in der die Schule von Anfang an als eine Gemeinschaft mit den ihr eigenen Differenzen und Besonderheiten verstanden wird. Die Kultusministerkonferenz hat derweil eine Arbeitsgruppe einberufen, die über die Umsetzbarkeit berät.”

Im Adolf-Weber-Gymnasium hat man im Umgang mit den (seh-) behinderten Schülern folgende Maxime: “„Wir haben unsere behinderten Schüler nie als Störfaktor gesehen, sondern einfach als Schüler mit besonderen Bedürfnissen. Wir haben sie bewusst aus der sozialen Isolierung im ‘Blinden-Ghetto’ herausgelöst.”
Dabei ist man nicht naiv und erkennt Grenzen: “Der Versuch, auch hörgeschädigte Schüler aufzunehmen, habe sich als schwierig erwiesen. Denn wo bei blinden Kindern verstärkt auf verbalen Unterricht gesetzt wird, muss für Schwerhörige mehr visualisiert werden.”

Bei der Integration der “Sonderschüler” in das “normale” Schulsystem wird es immer wieder diese Grenzen geben. Nicht überall wird alles gleichzeitig möglich sein. Das spricht nicht gegen die Integration der Sonderschüler als grundsätzliches Ziel.

Wichtig sind gerade jetzt zu Beginn des Integrationsprozesses vor allem das Umdenken und die Fähigkeit, zu einer wirklichen Individualisierung des Unterrichts zu kommen. Diese wird zwar im Moment schon lautstark propagiert, aber im “richtigen Leben” noch nicht wirklich praktiziert. Ausnahmen bestätigen da immer noch eher die Regel, als dass sie sie außer Kraft setzen…

 

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