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Der Verlust der Intuition bei der Erziehung und die Folgen

Gar nicht mal schlecht, der Artikel auf Spiegel Online – Schulspiegel:

ERZIEHUNGSZWISCHENRUF
Eltern, fürchtet euch nicht!

Ausschnitt:
”Allen gemeinsam ist klar, dass moderne Kindheit ein reines Desaster sein kann: Gefahren und seelische Verirrungen lauern schon im Kindergarten, Kinder mutieren bei geringsten Erziehungsfehlern zu Schlägern und Tyrannen, mobben wie wild oder haben Leseschwächen. Das alles prasselt auf die jungen Eltern ein, wie gebannt starren sie auf die pädagogischen Informationen und Debatten. Und fürchten sich. … Das Problem: Unter dem ewig besorgten Blick geht den Eltern ihre Intuition für das Kind verloren. … Dabei sind Kinder ganz auf einen sicheren und sichernden Kontakt zu den wichtigsten Menschen, Mutter und Vater, angewiesen. Erst deren bestätigender Blick auf ein Türmchen aus Bauklötzen oder ein anderes kindliches Kunstwerk verankert das unendlich plastische Erkunden und Erkennen verlässlich in der kindlichen Psyche. Wir wissen das heute aus der analytischen Entwicklungspsychologie wie in erstaunlicher Übereinstimmung ebenso aus der fortgeschrittenen Gehirnforschung. Der Mangel an elterlicher Souveränität und bestimmender Sicherheit behindert die Entfaltung von Körpergefühl, Sprache und Selbstbewusstsein und macht die Kleinen unruhig und lustlos.”

Der Artikel ist sehr umfangreich, aber – zumindest in NRW: Es sind ja noch Ferien.

 

Kurz und knapp

Hier ein paar Hinweise zum Weiterstöbern bei Interesse:

Einen ganz guten Artikel zum Mobbing hochbegabter Kinder haben die Westfälischen Nachrichten herausgebracht:
Mobbing in der Schule – Die blöden Pausen

Auch lesenswert – trotz des etwas dümmlichen Titels – der Beitrag auf Welt-Online:
Eine schrecklich schlaue Familie

Auf SWR2 gibt es einen Hörbeitrag:
Was geschieht, wenn man sein Potential nicht ausschöpfen kann – von Franziska Hochwald:
”Was geschieht, wenn kluge Kinder in der Schule unterfordert sind, im Elternhaus nicht gefördert werden, wenn ihnen langweilig ist, sie ein geringes Selbstbewusstsein haben, ängstlich sind und Bewertungen scheuen, dann kann es sein, dass aus ihnen, wie man so sagt, nichts wird und sie zu einer Gruppe von Menschen gehören, die Begabungsforscher Minderleister oder "Underachiever" nennen, Menschen, die in punkto schulischer und beruflicher Leistung weit unter ihrem Potential bleiben. Zwei Beispielgeschichten”
Podcast
Manuskript

Und zum guten Schluss:
Auch hier geht’s um wirklich erstaunliche Intelligenz und Schule…
:-)

 

Lobenswerte Einsicht – aber…

Nur ein kurzer Artikel, aber es ist Erstaunliches, was die Süddeutsche weitergibt:

Schavan will frühere Einschulung: Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat beklagt, dass Kinder in Deutschland erst mit sechs Jahren eingeschult werden. Die Altersgrenze von sechs Jahren führe dazu, dass viele Kinder in Deutschland für ihre Verhältnisse zu spät in die Schule kommen, sagte Schavan dem Hamburger Abendblatt. Am Ende der ersten Klasse hätten sie dann keine Lust mehr, weil sie unterfordert seien. Daher dürfe es “keinen starren Stichtag” für die Einschulung geben.”

Das lässt doch hoffen.
Aber: Selbst wenn das geschieht: Das wird nichts nützen, wenn nicht gleichzeitig das Heer der Erzieher/innen aufgeklärt wird und bereit ist, auf jedes Kind wirklich und wahrhaft und richtig einzeln zu gucken, um den jeweils individuell richtigen Einschulungstermin zu bestimmen und nicht pauschal und unreflektiert zu sagen “Immer erst mit 6”.

Unendlich viele Eltern, die ihre Kinder auch nur einen Piep vor irgendeinem (selbst: nicht vorhandenen) Stichtag einschulen wollen, werden schrecklich verunsichert und mit Schuldgefühlen behängt mit solch inkompetenten, aber wirksamen Sprüchen wie: “Nehmen Sie Ihrem Kind doch nicht die Kindheit”, “Das Kind ist sozial noch nicht so weit”, “Gönnen Sie dem Kind doch noch das Jahr”, “Seien Sie eine gute Mutter und lassen Sie das Kind doch noch schpiehlen…” und so weiter und so weiter.

Ich bin wirklich ständigständigständig damit konfrontiert in meinen Beratungsgesprächen. Ich kann es nicht mehr hören. Ich hasse es. Was mit diesen undifferenzierten, reflexartigen, schlicht  dummen, aber emotional erpresserischen Sätzen z.T. für ein Leid produziert wird – für die Kinder und auch für die Eltern, das kann sich kaum jemand vorstellen. Und das, weil nicht nachgedacht und individuell auf jedes Kind geguckt, sondern einfach nur eine Schublade gezückt wird.

Ein Kind, das mit fünf Jahren lesen und alles Mögliche andere kann, wird sozial (und psychisch) nur noch desolater werden, wenn es als Vorschulkind ein ganzes Jahr NUR mit dann jüngeren Kindern im Kindergarten zusammen sein muss und zum 1500sten Mal den “Dicken Tanzbären” im Stuhlkreis tanzen und dann auch noch begeistert mitmachen soll, weil es ansonsten ja seine soziale Unreife zeigt.

Man mag mich prügeln, aber ich bleibe dabei: Für mich sind sehr viele “Erzieherinnen” immer noch schlicht “Kinder-Gärtnerinnen”.

 

England III – Thank You Teacher

Als Übergang, um so langsam wieder zu pädagogischen Themen zu kommen – schließlich ist mein Urlaub zu Ende – bietet sich die Schilderung einer Besonderheit des sozialen Lebens in der englischen Gesellschaft an, eine Besonderheit zumindest in dem Sinne, dass wir hier in Deutschland nichts Vergleichbares haben.
Dabei geht es um ein Ritual am Ende eines jeden Schuljahres:

Thank you teacher! heißt die kollektiv erwartete “individuelle” Danksagung an den geliebten “best teacher” vor den Sommerferien.

Zu dieser Aktion gibt es eine enorme Industrie, die Waren aller Art anbietet, um den eigenen Lehrer glücklich zu machen: Glückwunschkarten in allen Größen und Formen, Gedicht- und Textvorschläge dazu, Geschenkhinweise in den Warenhäusern und im Internet wie “Thank you teacher – Special gifts for your teacher”: Parfum, Schreibwaren, Kinokarten und und und…

thankyou

Auf unterschiedliche Art und Weise praktiziert, gibt es diese Lehrerwürdigung in vielen Ländern.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich mir Ähnliches hier für uns wünsche.

Auf den ersten Blick hat das Ganze etwas, denn eine solche Danksagungsaktion ist ja doch eine “kollektiv individuelle” Würdigung der Lehrer und des Lehrerberufes.
Während es hierzulande eher “in” ist – und alle und auch die Schüler machen mit – , Lehrer gerne in jeglicher Weise negativ anzugehen und mit Schuldzuweisungen zu überschütten, scheint in England doch eine ganz andere und zwar wertschätzende Art der Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler vorzuherrschen. 
Ich bin mir nur nicht sicher, ob das tatsächlich der Fall ist oder ob die ritualisierte Danksagung an die Lehrer am Ende eines Schuljahres – man kennt ja das vom Muttertag her – nicht nur ein Feigenblatt ist, das eine Wertschätzung aufscheinen lässt, die sich in der alltäglichen Beziehung im Schulalltag nicht wiederfindet.

Individuell und in der konkreten Situation – ganz unaufwändig und vielleicht nur mit ein paar Worten – Wertschätzung den Menschen gegenüber auszusprechen, mit denen man es zu tun hat, das ist etwas, das jedem in jeder Situation möglich ist. Wir tun das alle viel zu selten…
Aktionen wie “Muttertag”, “Thank you teacher” etc. an festgelegten Tagen scheinen mir da eher Ausweichaktionen zu sein, den persönlichen Dank in der konkreten individuellen Beziehung zu umgehen.

 

England II – Splendid isolation: Der lange Weg nach Europa

Kennt jemand Trago Mills? Nein? Das ist eine echte Bildungslücke. Jeder, der Devon und Cornwall bereist – und nun auch Wales – sollte sich das “Vergnügen” antun, eine der Trago-Mills-Ramschwelten kennenzulernen. Vor allem die in Newton Abbot ist unvergleichlich: Stunden kann man in den riesigen Hallen beim Wühlen in billigem Zeugs verbringen – und ein Vergnügungspark ist auch gleich mit dabei gebaut, damit der Sonntagsausflug auch für die Kinder zum Erlebnis wird. Trago Mills hat immer offen…
Warum ich über Trago Mills schreibe, wenn das Thema Europa ist?
Das ist unverkennbar für jeden, der sich einer der Ramschwelten, die in riesigen Hallen und Gebäuden untergebracht sind, nähert. Auch da ist vor allem Newton Abbot unvergleichlich: Über einen Kilometer ist die Auffahrt zu Trago Mills dort lang – wie zu einem hochherrschaftlichen Palast – und alle paar Meter sieht man, wess’ Geistes Kind der Besitzer all dieser Herrlichkeiten, Bruce Robertson, ist: Riesengroße Plakate, Fahnen und was sonst noch künden laut und eindringlich und unübersehbar von der europafeindlichen (UKIP) des einflussreichen Mannes:

europa1

Bruce Robertson ist natürlich eine Einzelperson, wenn auch eine bekannte, die eine sehr effektive und publikumswirksame Art gefunden hat, ihren Einfluss geltend zu machen. Er steht aber nicht allein. Die Europaskepsis der Briten ist überall zu finden. Die Ergebnisse bei der Europawahl (UKIP 16,5 % – und damit an zweiter Stelle nach den Konservativen mit 27,7 % und noch vor Labour mit 15,7 %) sprechen eine deutliche Sprache.
Selbst respektable, ansonsten sehr aufgeschlossene Menschen zucken zusammen, wenn man sie auf die EU und vor allem den Euro anspricht. Völlig irrationale Dinge kommen da zum Vorschein, durchaus mit der Entschuldigung, dass man wisse, dass das altes Denken sei, man aber nicht anders könne. Da ist historisch einfach noch kein Boden bereitet für ein “Aufgehen” in einem “europäisch-kontinentalen” Kontext. Das wird noch Zeit brauchen. Aber ob die Briten die tatsächlich haben angesichts der “prekären” wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung ihres Landes, das bleibt anzuzweifeln.

Viel hat sich allerdings im alltäglichen Leben schon verändert:
In der Wettervorhersage war es früher klar und eindeutig, dass wir armen Kontinent-Bewohner immer umrechnen mussten, wenn wir wissen wollten, ob Bikini-Wetter im Anmarsch oder Pullover angesagt war: Grad Fahrenheit hieß unser mathematisches Problem. Heute kaum mehr ein Thema. Jeder redet von Grad Celsius, höchstens in einem Nebensatz ist dann noch eine Umrechnung in Fahrenheit zu vernehmen. Thank you.

Gallonenpreise an den Tankstellen (1 Gallone = 3,78541178 Liter) gehören auch der Vergangenheit an. Vor 6 Jahren waren sie noch ab und an anzutreffen, vor 20 Jahren gang und gäbe. Der Liter ist an den Tankstellen angesagt. Viele Bewohner trauern allerdings deswegen und rechnen für sich immer noch den Literpreis in Gallonenpreis um… Für sie hat nur die Gallone eine sinnlich fassbare Bedeutung.
Im Pub trinkt man nach wie vor sein Pint. Dass sich das jemals jemals jemals ändern wird, das glaube ich allerdings nicht. Das ist, als würde man den Bayern ihr Maß wegnehmen. (Mit dem Pint kann ich übrigens wunderbar leben: Cheers!!)

Weitgehend tabu ist und bleibt allerdings eindeutig der Euro. Angesichts des Werteverfalls des britischen Pfundes, das um die Jahreswende schon mal 1:1 umgerechnet wurde, im Moment wieder etwas mehr, scheint mir das extrem kurzsichtig zu sein.

Die Meile mit ihren umrechnungsunfreundlichen 1,609344 km ist immer noch nicht kaputtzukriegen, obwohl es hier und da Ansätze gibt, das metrische System einzuführen. Diese Versuche werden jedoch, wenn sie bemerkt werden, schnell boykottiert. Das Ganze zeigt ab und an skurrile Züge:

europa2

Hier scheint selbst das menschlichste aller menschlichen Bedürfnisse nicht so dringend gewesen zu sein wie das Verlangen, Recht und Ordnung auf der Insel wiederherzustellen. Na?? Stimmt die Umrechnung? Zu den äußerst gewöhnungsbedürftigen Maßeinheiten und ihren Umrechnungen ins metrische System gibt es hier ergänzende und erleuchtende Einsichten.

Britains’ Weg nach Europa ist noch lang. Jahrhunderte der splendid isolation inklusive eines gewissen Überlegenheitsgefühls sind nicht in ein paar Jahren wettzumachen. Das braucht Zeit – und, nach den politischen Skandalen der letzten Zeit, vielleicht den Einfluss einer jüngeren Generation. Ob diese allerdings die Offenheit und Entschlusskraft mitbringt, den eindeutigen “Anschluss” an EU und Euro durchzusetzen, das weiß ich nicht. Perspektivlosigkeit ist bei der englischen Jugend durchaus ein kritisches Thema, und die ist keine gute Basis, Kraftakte dieser Art zu vollbringen. Wir werden sehen.

Was übrigens gerne bleiben kann: Der Linksverkehr und die phantastischen Kreisverkehre. :-)

 

England I – Back again

Einen ganzen Monat Pause hat es in diesem Blog gegeben. Der Grund – Neidäußerungen erwünscht – liegt darin, dass wir 3 1/2 Wochen durch die Mitte und den Süden Englands gefahren sind. Wie immer haben wir an unterschiedlichen, diesmal vier und z.T. uns schon bekannten, Orten jeweils mehrere Tage verbracht, um ins Lokale einzutauchen und die Gegend zu erkunden.

Wir sind keine Britain-Neulinge. Es mag das 15. oder 16. Mal gewesen sein, dass wir die Insel besucht haben. Sie ist irgendwo unsere zweite Heimat, und ich denke, ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass wir uns sehr wohl und auch im alltäglichen Sinne dort ganz gut auskennen. Allerdings haben wir eine Pause von immerhin sechs Jahren eingelegt, in denen wir zur Urlaubszeit Osteuropa erkundet haben.

Nun also wieder zurück nach England. Wir waren gespannt, was sich in diesen letzten sechs Jahren denn wohl auf dieser verrückten Insel verändert hat.

Es hat sich einiges verändert – nicht alles hat mir gefallen.

Zunächst das Positive:

  • die Seebäder in Cornwall und Devon wirken deutlich aufgewertet. Vieles ist aufgehübscht, angestrichen und modernisiert.
  • Das Pfund ist gefallen. Dadurch wird das generell recht hohe Preisgefüge, besonders, was Unterkünfte und die heftigen Eintrittsgelder angeht, erträglicher.
  • Das Essen ist z. T. gerade in den Pubs innovativer geworden – bei moderaten Preisen. Surprise!
  • Das gängige Pub-Essen ist gleichzeitig deutlich preiswerter geworden. Angebote wie “2 for 10” waren häufig.
  • Der Kaffee ist deutlich besser geworden, auch durch Ketten wie “Costa” und Co.
  • Es gibt Ansätze, dass man auch draußen essen und trinken kann. Die Gesetzgebung mit ihren merkwürdigen Lizenzbestimmungen macht es den Gaststätten und Cafés allerdings  noch schwer, Außengastronomie zu betreiben.
  • Endlich wird der Flut der Plastiktüten Einhalt geboten: Jute und wiederverwendbare Taschen sind in. Alle Supermärkte verzichten zunehmend auf das massenweise Ausgeben der Tüten und werben sehr aktiv für’s Wiederverwendbare. Teilweise (M&S und andere) wird auch schon Geld für die Tüten verlangt, zumindest im Food-Bereich. Immerhin soll sich die Zahl der Plastiktüten schon halbiert haben.
  • Es gibt mittlerweile tatsächlich Müllcontainer für Flaschen und Plastik.

Das, was mir nicht gefallen hat:

  • Der Generationenwechsel – eben auch im Tourismusbereich – zeigt Auswirkungen:
  • Viele B&Bs werden professioneller geführt im Sinne von routinierter. Viele sind mittlerweile eher guesthouses mit etlichen Zimmern. Das, was den Charme der B&Bs ausmachte, dieses halb-private Mitleben in einem Haus, geht dadurch doch leider deutlich verloren.
  • Die Engländer “von heute” sind nicht mehr so kommunikativ wie früher, wo man ständig und an allen Ecken ins Quatschen über Gott und die Welt kam. Das bedaure ich sehr, und das habe ich sehr vermisst. Es kommt sogar vor, dass Gäste eines B&B ohne Gruß in den Frühstücksraum kommen oder ihn so verlassen. Eine elementare Lebensneugier, die ich früher festgestellt habe, ist weg und durch einen leider etwas trüben, leicht depressiven Habitus ersetzt worden. Viele Leute wirken sehr auf sich bezogen und auch vereinsamt.
  • Es gibt mehr Rücksichtslosigkeit auf den Straßen. Vor allem auch Motoradfahrer üben z. T. einen ganz schönen Terror aus.
  • Die Teekultur dieses Landes ist mittlerweile komplett hin. Wer losen Tee trinken oder auch nur kaufen will, ist zunehmend aufgeschmissen. Alles nur noch mit Beutel…
  • Was ich früher nie nie nie gesehen haben (nur einmal in Irland in dieser grässlichen Stadt Limerick): Wühltische in den Läden mit Sachen, die rundum auf dem Boden herumfliegen.
  • Die Leut’ sehen durchweg lieblos und billig gekleidet aus. Ganz ehrlich. Dabei geht es nicht mehr darum, dass die Kleidung skuril und “typisch englisch” ist oder darum, was mir gefällt. Es geht um billig und lieblos. Selbst bei Jugendlichen gibt es kaum eine Tendenz, sich irgendwie zu “stylen” und sei es mit ganz einfachen Mitteln. Jeder durchschnittliche Ruhrgebietler in Jeans und T-Shirt ist dagegen eine Stilikone in Aussehen und Qualität der Kleidung. Das ist kein Vorwurf, sondern natürlich Auswirkung der Krise und auch einer deutlich wahrnehmbaren Perspektivlosigkeit bei Jugendlichen. Ich habe mir bestätigen lassen, dass etliche Leute sich für max. 10 Pfund in Billigläden komplett einkleiden, das Zeug tragen, und wenn es dreckig ist, wegschmeißen und sich entsprechend neu “ausstatten”. Waschen könnte man diese Klamotten eh’ nicht.
  • Viele Leute und erschreckend viele Kinder sind wirklich wahnsinnig dick.
  • Armut ist auf den Straßen viel deutlicher präsent als früher und als bei uns, vor allem die Altersarmut. Wenn ich immer noch wieder Manager höre, die uns England als Beispiel für gelungenes wirtschaftliches Handeln hinstellen und irgendwelche Zahlen herbeten, dann kann ich nur fassungslos auf die Menschen und die Straßen gucken…
  • Es gibt zwar jetzt mehr free view Programme im Fernsehen – aber das Programm ist in allen Kanälen so übersaumäßig schlecht, dass das völlig egal ist.
  • Es wird offiziell davon ausgegangen, dass die swine flu spätestens im nächsten Monat außer Kontrolle gerät. 55.000 neue Fälle gab es allein in der letzten Woche…

Wenn ich das alles so lese, macht das den Eindruck, als ob das Negative alles andere erschlagen würde. Dem ist aber nicht so.
Das Wetter war absolut in Ordnung, die Landschaft ist immer noch z.T. atemberaubend, die Dörfchen niedlich, die Kathedralen bemerkenswert – und die Leute freundlich. Wir werden sicher wieder hinfahren… Es war ein wirklich schöner Urlaub.

Wer Fragen hat zu dem, was England aktuell angeht: gerne her damit. Vielleicht kann ich ja etwas dazu sagen.

 

Wirklich ungewöhnlich…

… selbst für einen hochbegabten Schüler ist folgende Nachricht:

”Felix Dietlein ist ein Phänomen: Parallel zur Schule machte der 18-Jährige an der Uni sein Mathe-Diplom – und hat es jetzt gleichzeitig mit dem Abitur in der Tasche. Seine Abschlussnote: 0,7.”

Man stelle sich vor: Uni-Diplom und Abi zeitgleich. Und das in Deutschland… Wow!

Das Beste daran: Felix Dietlein soll ein sehr bescheidener Junge mit hoher Sozialkompetenz sein, der andere unterstützt und sie nie wichtigmacht.

Man lese in der SZ.

 

Wo bleibt das Positive…?

Im Moment geht es mir wie Erich Kästner, der auf die berühmte Frage "Herr Kästner, wo bleibt das Positive?", nur antworten konnte: "Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt".

Also ich weiß das im Moment auch nicht – und angesichts dieser ganzen Miseren-Meldungen der letzten Tage und Wochen vom Bildungsstreik über Bachelor-Klagen bis hin zum drohenden extremen Lehrermangel fühle ich mich ein bisschen wie gelähmt.

All das Anprangern von Missständen muss sicher sein, wohin auch immer es führen mag, aber ich spüre eine gewisse Müdigkeit, selbst auch noch in all diese Hörner zu tröten.

Da kam mir ein Gespräch gerade Recht, das ich gestern mit der Mutter eines fünfjährigen hochbegabten Jungen führte. Dieses Gespräch gab mir tatsächlich ein bisschen Schwung zurück! Das ist ein extrem seltenes Ergebnis einer Beratung: Herzlichen Dank an die Mutter, die das nicht ahnen mag, was ihre Nachfrage bei mir ausgelöst hat.

Diese Mutter fragte natürlich danach, worauf sie achten müsse und wie sie ihr hochbegabtes Kind optimal fördern könne. Ich forschte ein bisschen nach, wie das Kind sich denn fühle, wie die Eltern mit dem Jungen zurechtkämen, ob man etwas gemeinsam unternähme etc. etc.
Die Mutter, eine Südeuropäerin, erzählte bereitwillig.

Überraschendes Fazit: Diese Eltern machten irgendwie alles richtig!  Einfach so! Aus dem Bauch heraus!

Es war mir eine Freude, dieser Mutter zuzuhören, wie sie erzählte, ihr sei es wichtig, dass ihr Sohn glücklich sei. Man unternehme viel, immer etwas Neues. Im Moment sei ihr Mann schwimmen mit dem Kind, morgen würde man ins Kindertheater gehen, was der Junge besonders liebe. Sonntags fahre man häufig mit dem Fahrrad und verbinde das oft auch mit Besuchen von interessanten Orten oder Ausstellungen. Man spiele regelmäßig miteinander Spiele für etwas ältere Kinder. Man leihe sich immer neue Spiele und Bücher in der Bibliothek aus und lasse dabei dem Kind z.T. die Wahl treffen. Gemeinsam sehe man sich Dokumentationen und Filme im Fernsehen an. Man lade häufig Kinder ein, meist ein wenig ältere, weil der Sohn damit wesentlich besser klarkomme und schule das Kind jetzt etwas vorzeitig ein, weil es “soweit” sei und auch wolle und kümmere sich dabei nicht um die dummen Sprüche der Erzieherinnen, man stehle dem Kind dadurch die Kindheit. Außerdem sei das Kind zweisprachig aufgewachsen, spreche sowohl die Sprache der Mutter als auch die des deutschen Vaters perfekt. Es gehe allen in der Familie gut.

Das Ganze erzählte die Mutter, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. Sie war ganz glücklich, als sie mich sagen hörte – und ich war ganz glücklich, so etwas mal sagen zu dürfen, dass sie alles einfach so weitermachen solle wie bisher, weil das unglaublich gut und richtig so sei.

Wunderbar: So etwas gibt es noch: Familien mit dem Instinkt für das, was allen guttut.

 

Unter Lehrerkollegen – allein und mit Angst

Vor einigen Tagen führte ich ein Beratungsgespräch mit einer Realschullehrerin, die mich aus einem eher ländlich geprägten Teil NRWs anrief.

Sie hatte in ihrer Realschule zwei vermutlich hochbegabte Kinder ausgemacht, die drohten, “vor die Hunde zu gehen”, wie sie sich ausdrückte. So, wie sie die Situation der Kinder schilderte, war ihre Annahme, dass die beiden in Richtung hoher Begabung / Hochbegabung zumindest tendierten, nachvollziehbar.

Die Lehrerin nun wollte etwas für diese Kinder tun; sie konnte einfach nicht mit ansehen, wie die beiden sich in der Schule quälten, immer größere psychische Probleme bekamen und zudem immer schlechtere Noten schrieben. Einer der beiden droht, sitzenzubleiben.

Die Schule kümmert sich in keiner Weise, will die Kinder einfach nur loswerden und hat die beiden Elternpaare entsprechend instruiert, ihre Kinder irgendwo auf einer Hauptschule anzumelden. Die Eltern sind einfach nur hilflos und ohne Plan.

Die Lehrerin steht in ihrer Wahrnehmung der Kinder völlig allein.
Versuche, ihre Kollegen, die auch in den betreffenden Klassen unterrichten, auf die Problematik der Kinder aufmerksam zu machen, scheiterten nicht nur auf die Sache bezogen, sondern hatten persönliche Konsequenzen: Die Kollegen begannen, hämische Spitzen abzugeben, zu tuscheln, zu verstummen, wenn sie den Raum betrat etc. Die Lehrerin hatte den Eindruck, dass sie einfach nur durch das Ansprechen einer eventuellen Hochbegabung der unerwünschten Schüler zu einer “persona non grata” geworden war, wie sie sich ausdrückte, und dass das Verhalten der Kollegen ihr gegenüber seitdem fast an Mobbing grenzte.

Die Lehrerin will trotz allem die beiden Kinder unterstützen: Sie fragte mich allen Ernstes, was sie denn für die beiden Kinder tun könne, “ohne dass meine Kollegen davon etwas mitbekommen” – und ist hin- und hergerissen zwischen der Sorge um die Kinder und dem Mobbingverhalten der eigenen Lehrerkollegen ihr gegenüber.

Ist das zu fassen?

 

Rheinland hochbegabt

Die „Arbeitsgemeinschaft Hochbegabten-Förderung im Rheinland“ erstellt gegenwärtig die Datenbank :rheinland hochbegabt, die einen umfassenden Überblick über Anbieter und Angebote im Bereich der Förderung Hochbegabter in der Region Köln/Bonn ermöglicht.

Siehe dazu auch den Artikel des Kölner Stadtanzeigers Datenbank für Hochbegabte.

 

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