Wo bleibt das Positive…?
Im Moment geht es mir wie Erich Kästner, der auf die berühmte Frage "Herr Kästner, wo bleibt das Positive?", nur antworten konnte: "Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt".
Also ich weiß das im Moment auch nicht – und angesichts dieser ganzen Miseren-Meldungen der letzten Tage und Wochen vom Bildungsstreik über Bachelor-Klagen bis hin zum drohenden extremen Lehrermangel fühle ich mich ein bisschen wie gelähmt.
All das Anprangern von Missständen muss sicher sein, wohin auch immer es führen mag, aber ich spüre eine gewisse Müdigkeit, selbst auch noch in all diese Hörner zu tröten.
Da kam mir ein Gespräch gerade Recht, das ich gestern mit der Mutter eines fünfjährigen hochbegabten Jungen führte. Dieses Gespräch gab mir tatsächlich ein bisschen Schwung zurück! Das ist ein extrem seltenes Ergebnis einer Beratung: Herzlichen Dank an die Mutter, die das nicht ahnen mag, was ihre Nachfrage bei mir ausgelöst hat.
Diese Mutter fragte natürlich danach, worauf sie achten müsse und wie sie ihr hochbegabtes Kind optimal fördern könne. Ich forschte ein bisschen nach, wie das Kind sich denn fühle, wie die Eltern mit dem Jungen zurechtkämen, ob man etwas gemeinsam unternähme etc. etc.
Die Mutter, eine Südeuropäerin, erzählte bereitwillig.
Überraschendes Fazit: Diese Eltern machten irgendwie alles richtig! Einfach so! Aus dem Bauch heraus!
Es war mir eine Freude, dieser Mutter zuzuhören, wie sie erzählte, ihr sei es wichtig, dass ihr Sohn glücklich sei. Man unternehme viel, immer etwas Neues. Im Moment sei ihr Mann schwimmen mit dem Kind, morgen würde man ins Kindertheater gehen, was der Junge besonders liebe. Sonntags fahre man häufig mit dem Fahrrad und verbinde das oft auch mit Besuchen von interessanten Orten oder Ausstellungen. Man spiele regelmäßig miteinander Spiele für etwas ältere Kinder. Man leihe sich immer neue Spiele und Bücher in der Bibliothek aus und lasse dabei dem Kind z.T. die Wahl treffen. Gemeinsam sehe man sich Dokumentationen und Filme im Fernsehen an. Man lade häufig Kinder ein, meist ein wenig ältere, weil der Sohn damit wesentlich besser klarkomme und schule das Kind jetzt etwas vorzeitig ein, weil es “soweit” sei und auch wolle und kümmere sich dabei nicht um die dummen Sprüche der Erzieherinnen, man stehle dem Kind dadurch die Kindheit. Außerdem sei das Kind zweisprachig aufgewachsen, spreche sowohl die Sprache der Mutter als auch die des deutschen Vaters perfekt. Es gehe allen in der Familie gut.
Das Ganze erzählte die Mutter, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. Sie war ganz glücklich, als sie mich sagen hörte – und ich war ganz glücklich, so etwas mal sagen zu dürfen, dass sie alles einfach so weitermachen solle wie bisher, weil das unglaublich gut und richtig so sei.
Wunderbar: So etwas gibt es noch: Familien mit dem Instinkt für das, was allen guttut.