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Der Blick auf das Kind

Die Mainpost veröffentlicht einen Bericht über die neue Direktorin einer großen Grundschule. Ein Teil des Interviews mit der Dame gefiel mir gut:

“Manchmal stellt sich bei solchen Tests heraus, dass ein Schüler hochbegabt ist. Wie gehen Schüler, Eltern und vor allem auch die Schule mit einem solchen Ergebnis um?

Albert: Interessant ist folgender Unterschied in der Verhaltensweise der Kinder: Die Jungs fielen vorher oftmals auf, da sie den Unterricht störten. Die Mädchen klagten zu Hause über Langeweile im Unterricht, verhielten sich in der Schule aber eher unauffällig. Wenn ein Schüler mit dem Testergebnis Hochbegabung kommt, so schaue ich mir die Kinder erst einmal an. Bei vorliegender Hochbegabung ist eine individuelle Förderung für diejenigen wichtig, die mehr wollen. Man muss dann genau überlegen, welche zusätzliche Förderung für das Kind gut ist, zum Beispiel eine privat organisierte Gruppe oder der Besuch einer Kinderakademie. Andere Kinder sind nach dem Test einfach nur froh zu wissen, was mit Ihnen los ist und wollen weiter so zur Schule gehen wie bisher.”

Eigentlich ganz schlicht, diese Antwort – und wiederum “einfach nur” der differenzierte Blick auf das einzelne Kind mit der pädagogisch motivierten Frage: “Was braucht dieses Kind?”

Nicht mehr.
Nicht weniger.

 

Frage aller Fragen

Der Hochbegabtenzweig am Auguste Viktoria-Gymnasium (AVG) in Trier feierte sein 5jähriges Bestehen, wie volksfreund.de berichtet.

“Dem Fazit des Schulleiters stimmen alle Beteiligten zu: ‘Die Hochbegabtenklasse tut der ganzen Schule gut!’ …
Das Wichtigste sei, dass der Blick der Lehrer auf die einzelnen Schüler differenzierter geworden sei. ‘Die Hochbegabtenschule ist ein Motor für individuellere Förderung’, sagt Mommenthal-Aymanns. ‘Was braucht das einzelne Kind?’ Antworten auf diese Frage zu finden, sei der Leitgedanke sowohl in den Hochbegabten- als auch in den Regelklassen, betont Schulpsychologin Kerstin Sperber.”

Ich finde das alles sehr lobens- und nachahmungswert, aber ganz ehrlich: Es erschreckt mich auch:

  1. Ist der “differenzierte Blick” auf die Schüler nicht eine Selbstverständlichkeit für alle Lehrer, die Voraussetzung für den Lehrerberuf, das tägliche Brot in der Schulpraxis?
  2. Müssen Lehrer nach Studium, Referendariat und etlichen Berufsjahren tatsächlich erst durch einen Hochbegabtenzweig auf die Idee gebracht werden, dass die aller-, aller-,  allerwesentlichste Frage in ihrem Beruf die folgende ist:

                                        “Was braucht das einzelne Kind?”

 

Selbst!

Manchmal gibt es Begegnungen im Alltag, sozusagen aus dem Nichts heraus und flüchtig, die einen zumindest für einen Moment aufschrecken oder auch verstören können.
So eine Begegnung hatte ich heute:

In einem großen Warenhaus fuhr ich mit dem Aufzug etliche Etagen nach unten. Mit mir fuhren zwei alte Damen, jeweils mit einem Rollator. Sie kannten sich nicht, kamen aber sofort ins Gespräch über die Vorteile bestimmter Reifentypen für ihre “Fahrzeuge”.
Die eine Dame stieg aus, mit der anderen fuhr ich weiter.
Als wir unten angekommen waren und den Aufzug verließen, sagte die Dame:
“Wie gut, dass es diese Rollatoren gibt, sonst käme ich gar nicht mehr nach draußen. Aber ich bin jetzt 81, bald ist sowieso Ende mit mir.”
“Ach,” antwortete ich leichthin, ”Sie sehen noch so gut aus. Ihr Ende kommt sicher noch lange nicht.”
“Oh doch,” sagte daraufhin die Frau ganz ruhig und sachlich, “sehr bald sogar. Das mache ich nämlich selbst.”
Sprach’s, nickte mir zu und zog von dannen.

Und ich blieb erst einmal stehen. Perplex.

 

Und wieder: Hochbegabung = Sorge = Krankheit

Es mag ja sinnvoll sein, Internetplattformen einzurichten wie jetzt neu die Sorgenkids. Und es mag ja auch sein, dass ich überempfindlich bin. Aber beim Lesen der Einladung auf dieses Forum bei unternehmen praxis sträuben sich bei mir wieder alle Nackenhaare.

So fängt es schon an: “Eltern, deren Kinder von einer gesundheitlichen Einschränkung betroffen sind, können sich über das neue Internetforum www.sorgenkids.de austauschen und Expertenrat bekommen.”

Und dann: “Kinderkrankheiten, Allergien, Unverträglichkeiten, Gewichtsprobleme oder orthopädische Leiden ebenso besprochen wie Hochbegabung, ADHS, psychische Erkrankungen oder Entwicklungsstörungen. Auch chronische, lebensbedrohliche oder -verkürzende Krankheiten gehören zu den Themen.”

Hilfe!! Mein Kind ist krank!! Es hat mehr Potenzial als die anderen!!

Gifted children” heißen hochbegabte Kinder im englischsprachigen Raum: “Beschenkte Kinder”, simpel übersetzt.
Bei uns sind sie krank oder werden krank gemacht. Sind ein Problem, das man in solchen Foren zwischen Masern und Bulimie wälzen muss.

Natürlich gibt es Probleme bei Hochbegabung. Aber in den allermeisten Fällen sind nicht die hochbegabten Kinder das Problem, sondern die “Normalen”, die in ihrer Engstirnigkeit nicht in der Lage sind, über ihren Tellerrand zu blicken und so diese Kinder oft in eine Enge pressen, in der man tatsächlich krank werden kann. Es verlangt niemand von der Mehrheit der “Normalen”, Hochbegabte unbedingt verstehen zu können. Hochbegabten jedoch ein Minimum an menschlichem Respekt und Existenzberechtigung zuzusprechen, das kann erwartet werden. Dazu gehört auch ein Fordern und Fördern, das ihnen entspricht, aber jedenfalls und absolut und überhaupt und ganz und gar nicht, sie zu “Sorgenkids” zu machen!

Ich zitier’ mich hier mal selbst:
”Seit vielen Jahren gehe ich nun mit dem Thema Hochbegabung um. Es gibt doch immer wieder noch etwas, worüber ich nur den Kopf schütteln kann:
Mutter: ‘Mein Sohn hatte Schwierigkeiten. Da haben wir ihn vor ein paar Jahren testen lassen. Er war hochbegabt. … Jetzt ist er immer noch hochbegabt. Können Sie mir nicht ein Medikament nennen, damit das endlich verschwindet?’
Man stelle sich vor: Die Mutter von Boris Becker geht zum Arzt: ‘Herr Doktor, können Sie mir nicht für mein Bobbele eine Pille geben, damit er nicht mehr so gut Tennis spielen kann?’”

“Die Dummheit ist die sonderbarste aller Krankheiten. Der Kranke leidet niemals unter ihr. Aber die anderen leiden.”  (Paul-Henry Spark).

 

Zwischendurch was zum Denken

Heute nur der Hinweis auf einen Hinweis auf ein interessantes Interview – und zwar auf dem Blog THEMAHOCHBEGABUNG.

Und? Gibt’s Zustimmung dazu oder Ablehnung oder Zweifel an der Differenziertheit des Ganzen oder was oder?

:-)

 

Tempo entscheiden die Schüler selbst

Obiger Satz ist die Überschrift eines Artikels auf schwarzwaelder-bote.de, in dem über die Praxis eines Rottweiler Gymnasiums im Umgang mit hochbegabten Schülern berichtet wird.

Das dort geschilderte Modell scheint mir sehr praktikabel für alle Seiten zu sein, eine Mischung aus gemeinsamem Unterricht und getrenntem.

Leider gibt es immer noch zu wenige wirklich gute, praxisnahe Modelle und Methoden, im ganz normalen Schulalltag wirklich und wahrhaftig individuelle Förderung zu betreiben, die diesen Namen auch verdient.
Dabei wird “individuelle Förderung” jetzt immer wesentlicher und dringlicher werden, wenn die Inklusion, also die Integration der Förderschüler ins “normale” Schulsystem, mit und mit umgesetzt wird. Das Spektrum der Fähigkeiten der sich in einer Klasse befindenden Schüler wird enorm sein, zielidentischer Unterricht möglicherweise gar nicht mehr durchführbar.

Gewisse Schüler anders zu unterrichten als den Rest und sie trotzdem ins normale System zu integrieren, scheint zumindest am Rottweiler Leibniz-Gymnasium zu funktionieren.

Vielleicht das Geheimnis des Erfolgs:
”Um eine solche Gemeinschaft möglich zu machen, habe das Leibniz-Gymnasium drei Grundsätze, die schon seit Jahren an die Schüler weitergegeben werden: Schüler des Leibniz-Gymnasiums sind freundlich, fleißig und neugierig. ‘Wobei sich neugierig sowohl auf den Stoff bezieht als auch auf die Neugierde, neue Leute kennen zu lernen und diese auch zu akzeptieren’, stellt der Schulleiter heraus. Mobbing gebe es durch die vermittelten Grundsätze nur wenig, meint er. Die hochbegabten Kinder würden sich in der Schulgemeinschaft wohlfühlen, was Grundlage für das erfolgreiche Lernen wäre.
‘So leisten unsere Kinder auch gerne etwas’, freut sich der zufriedene Schulleiter.”

Hat was.

 

 

Anachronismen!

Liebe geht durch den Stock – Erziehung mit der Rute titelt die SZ und berichtet über die gängige Praxis z .B. bei den Zeugen Jehovas und vor allem bei evangelikalen Freikirchen, ihre Kinder mit der Rute zu prügeln.

Das Schlagen von Kindern ist in Deutschland untersagt! Im Jahr 2000 wurde gesetzlich geregelt, dass Kinder ein Recht auf eine gewaltfreie Erziehung haben.

“Da aber widersprechen sich Gesetz und Glaube, und so gibt es unter strenggläubigen Christen eine heimliche Kultur des Prügelns. Nicht nur mit der Hand, sondern mit der Rute. Denn: "Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn; wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn bald" heißt es in der Bibel (Sprüche 13,24). Und ‘Rute und Strafe gibt Weisheit; aber ein Knabe, sich selbst überlassen, macht seiner Mutter Schande.’ (Sprüche 29,15). Die Eltern, die diesen Worten folgen, gehören Glaubensgemeinschaften wie den evangelikalen Freikirchen und den Zeugen Jehovas an, welche die Bibel wörtlich nehmen, und in denen Zweifel am Wort Gottes als Einflüsterungen Satans gelten.”

Und weiter: “Anleitungen zur Züchtigung des Nachwuchses finden Mitglieder der evangelikalen Freikirchen in zwei ‘Erziehungsratgebern’. Die Autoren sind evangelikale Fundamentalisten in den USA. Und auch wenn keine Zahlen über Kindesmisshandlungen zu bekommen sind – die Verbreitung dieser Werke lässt die Häufigkeit erahnen: Etwa 4000 Exemplare von ‘Wie man einen Knaben gewöhnt’ und dessen Nachfolgebuch von Michael und Debi Pearl hat die Europäische Missionspresse in Heidelberg in den vergangenen drei Jahren verkauft.
Das Buch enthält ausdrückliche Anweisungen, wie Kinder zu schlagen sind: ‘Wenn es Zeit wird, die Rute anzuwenden, atmen Sie tief ein, entspannen Sie sich, beten Sie: ,Herr, lass das eine wertvolle Lektion werden. . . Reißen Sie Ihr Kind nicht herum. Erheben Sie Ihre Stimme nicht. Das Kind sollte die Rute an Ihrem ganzen ruhigen, überlegten und beherrschten Geist kommen sehen. . . Wenn Sie sich auf das Kind setzen müssen, um es zu versohlen, dann zögern Sie nicht. Und halten Sie es solange in dieser Stellung, bis es aufgegeben hat. . . lassen Sie das Kind sich an einem Sofa oder einem Bett vornüber beugen; und während es in dieser Position steht, geben Sie ihm einige Ermahnungen. . . Ich finde fünf bis zehn Schläge meistens genug. Manchmal bei älteren Kinder, wenn die Schläge nicht kräftig genug sind, ist das Kind noch aufmüpfisch. Wenn das der Fall ist, nehmen Sie sich Zeit zum Erklären und versohlen Sie weiter. Hören Sie mit Ihrer Disziplin nie auf, bevor das Kind sich ergeben hat.’"

Gerade solche Vereinigungen und Sekten sind es doch auch, die immer wieder an die Öffentlichkeit gehen und lautstark und im Namen der Demokratie das Recht auf HOMESCHOOLING fordern, also ihre Kinder zu Hause unterrichten und nicht in die öffentlichen Schulen schicken wollen (siehe hier und hier).
Dem nachzugeben, würde in vielen Fällen heißen, Kinder ganz und gar ihren Eltern auszuliefern – mit ungeahnten Konsequenzen. Ungeahntes Leiden wäre die Folge, ungeahnte Hilflosigkeit.

Mich gruselt’s!

 

Wenig Ursache für große Erschöpfung?

Zwischen Selbstwahrnehmung und Realität fließt oft der Mississippi.
Das scheint auch für die Einschätzung vieler Studenten zu gelten, die glauben, sich für ihr Studium aufzureiben.
Dass das wohl so nicht stimmt, scheint eine Studie sehr deutlich auszusagen. Man lese auf SPIEGEL ONLINE Erschöpft vom Bummeln.

 

Genau wie jedes andere Kind auch

Eine Ankündigung der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK) für den Raum Lemgo trifft es:

“Begabung ist keine Krankheit oder Behinderung, sondern ein Geschenk für das Kind, für die Familie und für die ganze Gesellschaft. Hochbegabte Kinder sind keine „besseren“ Kinder. Sie brauchen aber, um sich harmonisch und glücklich entwickeln zu können – genauso wie jedes andere Kind auch – eine Förderung, die ihren Bedürfnissen gerecht wird.”

Nicht mehr und nicht weniger!

Eigentlich selbstverständlich, oder?
Ist es aber nicht!

 

Basteln statt Wissenschaft

Ab und an erschüttert mich dann doch ein Satz, der – meist völlig unbedarft gesagt – mehr über Schüler und Studenten bzw. die Situation an Schulen und Hochschulen aussagt als manche hochspezialisierte Untersuchung.

Eben fand ich wieder einen solchen Satz:
Im Artikel der Süddeutschen Gefährliches Copy und Paste geht es um die tagtägliche Praxis, dass Studenten ihre Hausarbeiten nicht mehr selbst schreiben (d. h. erarbeiten!), sondern über den bekannten Google-Weg zusammenbasteln.

“Vielen Studenten fehle dabei jedes Unrechtsbewusstsein, hat Professorin Debora Weber-Wulff der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin beobachtet. ‘Die laden ihre Musik und ihre Filme aus dem Netz runter und sind dann der Meinung, dass man auch seine Hausarbeit runterladen könne’, sagt die Expertin, die sich auf das Thema Plagiate spezialisiert hat.

Mittlerweile reagieren die Hochschulen mit Erfolg auf solche Praktiken. Die Sanktionen gehen bis zur Verweigerung des Abschlusses.

Da will man dann als Student doch auf Nummer Sicher gehen. Und jetzt kommt’s:
”‘Manchmal fragen Studenten auch: ‘Wie viele Wörter muss ich umstellen, damit es kein Plagiat mehr ist?’, erzählt Weber-Wulff. ‘Die haben gar nicht verstanden, worum es beim wissenschaftlichen Arbeiten überhaupt geht.’ Das Forschen und Streben nach neuen Erkenntnissen bleibe beim Copy-und-Paste-Verfahren völlig auf der Strecke.”

Wie verständlich ist da dieser Seufzer

“Wie viele Wörter muss ich umstellen, damit es kein Plagiat mehr ist?”
“Wörter viele muss ich wie umstellen, damit ist kein Plagiat mehr es?”
“Umstellen Plagiat ich es muss, damit wie viele kein Wörter mehr ist?”

Oh Schland, oh Schland!!

 

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