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Zum Heulen

Wenn Lehrer weinen und keiner mehr was lernt, so titelt heute die WAZ im Hauptteil – und was man da so liest, ist wirklich zum Heulen.

Der Untertitel: “Aggressive, verwahrloste Kinder machen an vielen Schulen Unterricht unmöglich. Beinahe noch schwerer zu ertragen ist das völlige Desinteresse vieler Eltern am Lernerfolg ihres Nachwuchses. Ein deprimierender Frontbericht.”

Man lese selbst.
Ein Satz sei jedoch noch zitiert: “15 Minuten Unterricht pro Stunde ‘sind viel’”.
Wundert man sich da, wenn gewillte Betriebe keine Auszubildenden mehr nehmen mit der Begründung, dass ein enormer Prozentsatz der Schulabgänger nicht ausbildungsfähig ist…

Falls jemand glaubt, das sei doch alles übertrieben, dem kann ich mit einer Geschichte aus meinem persönlichen Umfeld aushelfen:
Eine gute Freundin, Hauptschullehrerin, Anfang 50, wirklich handfest und robust, ist am Ende. Vor zwei Jahren musste sie schon einmal pausieren wegen eines Burn-out-Syndrom und ging dann, durch eine Kur neu motiviert und gestärkt, wieder frohgemut ans Werk. Zunächst ging alles gut. An ihrer Schule gab es dann jedoch im Frühjahr krankheitsbedingte Ausfälle (Burn-out!) von bis zu 30% der Lehrer. Konsequenz: Jeden Tag wechselnde Stundenpläne, Fremdfachunterricht als Normalfall z. T. aus dem Stand heraus, schwierige und aggressive Schüler, mangelnde Lernfortschritte, gereizte Stimmung auch unter den verbliebenen Kollegen. Fazit: Eine auch objektiv gesehen absolut überfordernde Situation! Die Lage für meine Freundin wurde durch all diese Belastungen bald wieder grenzwertig. Als dann ein Schüler einen tätlichen Angriff auf sie wagte, verließ sie weinend die Klasse und ging zu ihrem Konrektor (der Rektor war auch erkrankt) und schilderte ihm den Vorfall und die unerträgliche Situation in der Klasse, die allgemein als äußerst problematisch bekannt war. Die “fürsorgliche” Reaktion des Konrektors: “Da müssen Sie selber sehen, wie Sie klarkommen.”
Daraufhin brach meine Freundin endgültig zusammen.

Ach ja, eine andere Freundin, die, mit ihrer Familie Idylle und heiles Umfeld suchend, vor Jahren extra in einen kleinen Ort am Niederrhein gezogen war, erzählte mir just am Dienstag Folgendes: Ihre 11jährige Tochter ist im Schulbus aus dem Nichts heraus völlig grundlos von einem ihr völlig unbekannten Zehntklässler plötzlich angegriffen und so zusammengeschlagen worden, dass sie für drei Tage ins Krankenhaus eingeliefert werden musste. Es gibt Zeugen genug, der Junge hat sogar gestanden. Allerdings: Die Eltern des Jungen machen einen Riesenaufstand, weil das alles doch nicht sein könne, ihr Bubi so etwas nie machen würde und die Verletzungen des Mädchen unmöglich “aus dieser kleinen Rangelei” stammen könnten und das Mädchen ihrem armen Jungen bestimmt an den Hals gegangen sei.

“Wo bleibt das Positive, Herr Kästner?”

 

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