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Goethe an Schiller und umgekehrt

Also, ich habe so einen großen Spaß daran, dass ich auf diesen ganz besonderen “Blog” aufmerksam machen möchte:

Der Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe

“Diese Site veröffentlicht den Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe aus den Jahren 1794 bis 1805 in Echtzeit, das heißt, die Briefe werden um 215 Jahre versetzt an dem Datum veröffentlicht, an dem sie geschrieben wurden. Beginn ist der 13. Juni 2009.”

Ein entsprechendes Buch hätte ich mir, obwohl ich halt auch Germanistin bin/war, wohl nie gekauft, aber so in Abständen von ein paar Tagen am Austausch der beiden Geistesgrößen Anteil zu haben, ist mir eine wirkliche Freude.

Vor allem bin ich überrascht von der vertrauten und vertrauensvollen Offenheit, in der Schiller und Goethe miteinander umgehen. Auch teilen sie sich in erstaunlicher Selbstwahrnehmung sehr differenziert ihre jeweiligen Stärken und Schwächen mit – und in anerkennender und schätzender Wahrnehmung des anderen auch dessen Vorzüge und Schwachstellen.

Ein Beispiel aus dem “heutigen” Brief von Schiller an Goethe auf dessen Einladung hin: 
“Mit Freuden nehme ich Ihre gütige Einladung nach W. an, doch mit der ernstlichen Bitte, daß Sie in keinem einzigen Stück Ihrer häuslichen Ordnung auf mich rechnen mögen, denn leider nöthigen mich meine Krämpfe gewöhnlich, den ganzen Morgen dem Schlaf zu widmen, weil sie mir des Nachts keine Ruhe lassen, und überhaupt wird es mir nie so gut, auch den Tag über auf eine bestimmte Stunde sicher zählen zu dürfen. Sie werden mir also erlauben, mich in Ihrem Hause als einen völlig Fremden zu betrachten, auf den nicht geachtet wird, und dadurch, daß ich mich ganz isolire, der Verlegenheit zu entgehen, jemand anders von meinem Befinden abhängen zu lassen. Die Ordnung, die jedem andern Menschen wohl macht, ist mein gefährlichster Feind, denn ich darf nur in einer bestimmten Zeit etwas Bestimmtes vornehmen müssen, so bin ich sicher, daß es mir nicht möglich seyn wird.
Entschuldigen Sie diese Präliminarien, die ich nothwendigerweise vorhergehen lassen mußte, um meine Existenz bei Ihnen auch nur möglich zu machen. Ich bitte bloß um die leidige Freiheit, bei Ihnen krank seyn zu dürfen.”

Ein wunderbarer Satz:
”Ich bitte bloß um die leidige Freiheit, bei Ihnen krank seyn zu dürfen.”

Wer traut sich denn heute noch, eine Einladung mit einer solchen “Zumutung” anzunehmen…

 

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