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Hochbegabte Erwachsene: Von wegen Selbstläufer

Einen interessanten Artikel über hochbegabte Erwachsene und einen exemplarisch geschilderten Lebenslauf findet man auf dem Portal der FAZ:
Hochbegabung und Karriere – Erwachsene Wunderkinder

Spannend und aussagekräftig in seiner traurigen “Normalität” und seinem deprimierend häufigen Vorkommen finde ich – auch im Zusammenhang mit meinem letzten Blogbeitrag Diagnose DumbDown – das im FAZ-Artikel beschriebene Lehrerverhalten mit seinen Folgen:

“Christoph Wimmer erinnert sich gut daran, wie ihn die Lehrer auf dem Gymnasium ermahnten, weil er immer aus der Reihe fiel: ‘Christoph, du bist zwar nicht dumm, aber verhalte dich so wie alle anderen.’ Als seine Noten stetig schlechter wurden, wechselte er auf die Realschule. Dort war er ein Außenseiter. Wimmer suchte sich einen anderen Weg, um Aufmerksamkeit zu bekommen: Aus dem interessierten, aufgeweckten Kind wurde der Klassenclown. Die Lehrer kamen nicht mehr mit ihm zurecht, ein Jahr musste er wiederholen, dann reichte es ihm. Nur mit einem Hauptschulabschluss, wenn auch einem sehr guten, verließ er die Schule”

Man lasse sich diesen Satz auf der Zunge zergehen: “Christoph, du bist zwar nicht dumm, aber verhalte dich so wie alle anderen.“

Man projiziere diese Aussage mal auf den Sport:
“Christoph, du schießt zwar tolle Tore, aber lass das bitte bleiben wie alle anderen auch!”
“Christoph, du bist zwar ein toller Skiabfahrtsläufer, aber fahr mal bitte so langsam wie die anderen!”
“Christoph, du bist zwar toll im Weitsprung, aber spring gefälligst nur so weit wie alle anderen!”
“Christoph, du bist zwar der King der Formel 1, aber pass Dich gefälligst allen anderen an!”
“Christoph, du könntest im Schwimmen zwar eine Medaille gewinnen, aber halte Dich wie die anderen gefälligst zurück!”
”Christoph, hör’ gefälligst auf, so gut Tennis zu spielen, spiel’ wie alle anderen!”

Yeah!!!!!!!!!!

 

102 Kommentare zu “Hochbegabte Erwachsene: Von wegen Selbstläufer”

  1. mo jour schrieb am 28. März 2013 um 12:46: 

    liebe speybridge,

    danke für deinem hinweis zu dem artikel, vor allem aber danke für den hinreißenden vergleich zum sport. da sollten doch endlich mal einigen zwangsgleichmachern die augen aufgehen …

    schule war schrecklich. mein abi war zwar super, aber ich habe sehr gelitten. man hatte mir alles madig gemacht. sogar meinen geliebten kunstunterricht.

    da sagte der lehrer mal, zu einem wunderschön gelungenen bild: “das ist so dermaßen gut, das kannst du nur irgendwo abgekupfert haben.” und gab mir eine drei statt der verdienten eins.

    weil ich nicht besser sein durfte als die anderen. erst recht nicht als junge frau. und dann auch noch besser als ein lehrer – das ging schon mal gar nicht!

    so wurde aus mir ein hochbegabtes, lebenslang unglückliches drama. iq > 140: brillant im kopf, aber seelisch ein wrack.

  2. speybridge schrieb am 28. März 2013 um 14:09: 

    Da zitiere ich mich doch mal selbst (aus einem alten Beitrag):
    Leonie, 9 Jahre, viertes Schuljahr, hat einen Klassenaufsatz zurückbekommen mit einer nur mäßigen Note.
    Das alleine wäre nichts Besonderes.
    Eine spezielle “Note” bekommt diese Situation allerdings durch den Begleitkommentar der Lehrerin:
    “Dein Aufsatz ist zu erwachsen, Leonie. Schreib nächstens wieder deinem Alter entsprechend! Dann wird deine Note auch wieder besser.”

    Versetze ich mich in diesem Moment in Leonie hinein, dann ist da nichts außer einem jähen inneren Verstummen, Ratlosigkeit, Hilflosigkeit und dem schrecklich traurigen Gefühl, nicht verstanden zu werden, sondern mit diesem Aufsatz auch als Person zurückgewiesen und abgelehnt zu werden.
    Ablehnung ihres So-Seins – das ist es, was hochbegabte Kinder oft erleben.

    Hochbegabung als persönlicher Makel.

    Was soll Leonie tun beim nächsten Aufsatz, beim nächsten mündlichen Beitrag?

  3. Ellen schrieb am 28. März 2013 um 18:31: 

    Naja, ich fürchte, das kommt einfach daher, dass es auch unter Lehrern (wie in jeder anderen Berufsgruppe auch) Idioten gibt. Nur ist das Problem, dass diese dann unglaublich viel Einfluss auf die Seelen von Kindern und Jugendlichen haben und viel, viel kaputt machen können. Das kriegen Bäcker und Postboten nicht so einfach hin.