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Dr. strg. c. Guttenberg

So titelt die SZ – und diesen und viel mehr Gags findet man überall im Internet.

Jetzt also – aus der Not heraus – dieser publikumswirksame Schritt nach vorne, das Eingeständnis, “Blödsinn” geschrieben zu haben. Ein Eingeständnis ja, aber ein ehrliches? Ich habe da Zweifel – und nicht nur ich. Das Video ist hier zu finden.

Schon allein die Angabe, den Doktortitel nicht mehr führen zu wollen, zeigt, dass in seiner Erklärung der Populismus merkwürdige Blüten treibt: Das liegt gar nicht bei ihm, sondern an der Uni Bayreuth, zu entscheiden, ob Dr. oder Nicht-Dr.

Hektisch, wie einstudiert oder anempfohlen, hält Guttenberg immer wieder die Hand auf’s Herz, was Aufrichtigkeit und “von Herzen Leid” suggerieren soll, und auch die Sprache verrät, dass seine Erklärung von wirklicher Einsicht und Reue weit entfernt ist.

So sagt er treuherzig, dass er “gravierende Fehler gemacht habe, gravierende Fehler, die den wissenschaftlich Kodex, DEN MAN SO ANSETZT, nicht erfüllen”:
“Kodex, DEN MAN SO ANSETZT”, was heißt das denn? “Wie man so redet”? oder “Da gibt’s halt dummerweise so was, und man hat mich erwischt”? oder “Ganz ernstzunehmen ist das nicht, aber es ist halt mal so”?”

Diese Bemerkung “Kodex, DEN MAN SO ANSETZT” zeigt, dass Guttenberg die Anforderungen, die an Wissenschaft und an wissenschaftliches Arbeiten gestellt werden – und berechtigterweise gestellt werden MÜSSEN, nicht wirklich ernstnimmt, annimmt, als berechtigt ansieht – und sie schon gar nicht selbst verkörpert und als Vorbild bereit ist, sie verantwortlich weiterzugeben.

Dem ist die Wissenschaft doch scheißegal!
Jeder Student kann nun sagen: “Ich mach hier mal den Guttenberg”.

Der Arme ist einfach nur über Anforderungen, die MAN SO ANSETZT gestolpert. Das tut mir ja nun wirklich Leid.

Die Empörung aus Wissenschaftskreisen ist allzu berechtigt.

Diesem Mann – mit dieser “moralischen” Haltung – in diesem psychisch unreifen Zustand: Diesem Mann vertraut man die Soldaten in Afghanistan an.
Die Bemerkung von Bundeskanzlerin Merkel, sie habe Guttenberg nicht als wissenschaftlichen Assistenten oder Doktoranden ins Kabinett geholt, sondern es ginge ihr um die Arbeit als Bundesverteidigungsminister, die er hervorragend erfülle, und das sei das, was für sie zähle – diese Bemerkung ist die Bankrotterklärung jeden Wertebewusstseins und jeglichen Anspruches auf Integrität und Vorbildfunktion von Politikern.
“Werte-Analphabetismus” –

Die Vorwürfe des Amtsmissbrauchs wegen der Nutzung des Wissenschaftsdienstes des Bundestages für seine Bastelarbeit sind weiter ungeklärt.
Hoffnungsträger und Lichtgestalt wird Guttenberg wohl bleiben. “Die Popularität kaum angekratzt, das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler fast unverändert. ‘Der Mann kann demoskopisch über Wasser gehen’“, formuliert Jörg Schönenborn auf dem Tagesschau-Blog.

Das Volk bekommt letztlich halt immer die Politiker, die es verdient hat – als Spiegelbild des eigenen Zustandes und der eigenen Bedürftigkeit.

 

60 Kommentare zu “Dr. strg. c. Guttenberg”

  1. Georg schrieb am 23. Februar 2011 um 11:21: 

    Die Namen für ihn sind ja wirklich köstlich. Am besten hat mir glaube ich Xerox gefallen. Auf jeden Fall finde ich es verwerflich, was er mit seiner Doktorarbeit angestellt hat. Alle diejenigen, die ihn zitiert haben, wissen jetzt nicht einmal, ob diese Quellen richtig sind.