Archiv für die Kategorie Bildung und Erziehung

Mobbing in der Schule

Heute gibt’s zu Mobbing in der Schule unter dem Titel Rotkäppchen und Wölfe bei Spiegel online einen interessanten und umfassenden Bericht zu lesen.

Auch hochbegabte Kinder sind immer wieder vom Mobbing betroffen. Oft sind es noch nicht einmal evtl. gute Zensuren, die die Mitschüler zum Rasen bringen. Manchmal sind es eher Vorlieben oder “Verhaltensmarotten”. Ich erinnere mich an einen Jungen, der bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen wurde, weil er auch im Winter mit Sandalen ohne Strümpfe herumlief. Bei einem Mädchen reichte es, dass es in den Pausen lieber ihr Buch weiterlas als mit den anderen Mädchen zu kichern und Jungs zu ärgern. Ein Junge schrieb nur mit einem bestimmten Füller, einem Erbstück, mit Nachfülltinte…
Und so weiter…

 

Schüleraustausch

Im neuen Jahr komme ich noch nicht so recht in Schwung mit meinem Blog. Außerdem ist es sooo kalt!

Immerhin heute dies:
Ein Link zum Spiegel-Artikel So klappt’s mit dem Austausch mit vielen Tipps und Listen zum Schüleraustausch.

Ist doch schon was…

 

Deutschlands beste Schule liegt in NRW

“Anstelle von klassischem Frontalunterricht und starren Stundenplänen gibt es für jedes einzelne Kind einen Lernplan; das Ziel bestimmt ein Schüler zusammen mit seinem Lehrer. Jeden Tag essen Lehrer und Schüler gemeinsam in den Klassenräumen, nicht in einer Mensa oder Kantine. Der Schulhof ist kein betonierter Hof, sondern eine Wiese mit Bachlauf – und das nicht irgendwo auf dem Land, sondern mitten im Stadtteil.”

Hört sich gut an!

Die Rede ist von der Wartburg-Grundschule, einer Ganztagsschule in Münster.
Sie erhält in diesem Jahr den Deutschen Schulpreis.

Alles Weiter dazu bei Spiegel online im Artikel Von Münster lernen heißt siegen lernen.

Auch die ZEIT widmet dem Schulpreis einen Artikel und titelt Applaus, Applaus, Applaus!

“Chapeau! Der Wartburg-Grundschule in Münster ist Wunderbares gelungen: der Übergang vom Belehren zum Lernen und eine Metamorphose von der Anstalt zur kulturellen Oase. Dafür gibt es den ersten Platz beim Deutschen Schulpreis, 100000 Euro und viele Komplimente vom Bundespräsidenten, der den von der Bosch Stiftung initiierten und finanzierten Preis am Mittwoch in Berlin verlieh. …

Alltäglich ist eine Arbeitshaltung, die ihresgleichen sucht. Jeden Morgen stehen zwei Stunden WAP, das heißt Wochenarbeitsplan, auf dem Programm. Stundenpläne gibt es nicht mehr. Fächer wurden abgeschafft. Der Tag wird großflächig rhythmisiert, wie man hier sagt. In allen Klassen sieht man, wie jedes Kind an etwas anderem arbeitet. Man könnte auch sagen, jedes arbeitet an sich selbst. Sie üben. Die an manchen Schulen vergessene Tugend wurde hier rehabilitiert und wird nun so verstanden, wie Üben ursprünglich gemeint war: wiederholen und variieren. Anderswo wurde das Variieren herausgekürzt. Es blieb das bloße, dann häufig nervende Wiederholen. …

Ein Vormittag bei den »Koalas«: Die Kinder haben Arbeitskarten vor sich. Mal haben sie sich selbst die Aufgaben gestellt, mal hat die Lehrerin sie gestellt. Wenn es zu laut wird, geht ein Kind nach vorn, schlägt leise auf das Xylofon und sagt: »Bitte etwas ruhiger.« Die Koalas sind Erst- und Zweitklässler, eine altersgemischte Gruppe…”

Könnte man diese Schule bitte klonen?

 

Lichtabhängig

Ich bin immer wieder beeindruckt davon, wie Umgebungsvariablen, natürliche und zivilisatorisch bedingte, den Menschen und seine Reaktionsweise beeinflussen. Wir sind wirklich nicht “Herr im eigenen Haus”, und die Frage nach unserem Selbstbestimmungspotenzial wird durch die Erforschung unserer Abhängigkeiten, von denen wir meist gar nichts wissen, immer wieder neu gestellt werden müssen.

Dass manche Menschen im Winter wegen der verminderten Helligkeit mehr zu Depressionen neigen, weiß man ja nun. Eine Untersuchung hat jetzt ergeben, dass Schüler bei blauem Licht weniger aggressiv sind und sich besser konzentrieren können.

“Dafür verwendeten sie sogenanntes dynamisches Licht. Dabei kann man die Farben Rot und Blau einsetzen und die Intensität verstellen. Helligkeit und Farbe sind über eine Fernbedienung verstellbar. An drei Hamburger Schulen wurden in jeweils einer Klasse diese Leuchten installiert und diese Klassen jeweils mit den Parallelklassen verglichen, in denen der Unterricht mit herkömmlicher Beleuchtung stattfand. Insgesamt nahmen 166 Schüler im Alter von acht, zwölf und 16 Jahren und 18 Lehrer an dem Experiment teil.
Das Ergebnis der Studie, die insgesamt neun Monate dauerte: ‘Wir haben bei den Schülern in den Klassen mit dynamischem Licht leicht verminderte Aggressionswerte, eine Abnahme der motorischen Unruhe und eine deutliche Erhöhung von Konzentrationsfähigkeit und Lesegeschwindigkeit festgestellt’, sagt Prof. Michael Schulte-Markwort, Leiter der Studie und Direktor der Klinik für Kinder und Jugendpsychosomatik am UKE. Ein Vergleich: Die Schüler haben angefangen mit 780 gelesenen Wörtern in der vorgegebenen Zeit und konnten diese Leistung unter dem hellen dynamischen Licht auf 1000 steigern, während in der Kontrollgruppe die Zahl der gelesenen Wörter von 870 Wörtern auf 840 abgefallen ist.”

Man lese den Artikel Blaues Licht macht Lernen leichter im Abendblatt.

 

“Haustierhaltung” von Kindern als Motivations- und Kreativitätskiller

Wissensdurst wird durch Klugscheißerei verdorben titelt Spiegel online ein Interview mit dem Neurobiologen Gerald Hüther, in dem er beklagt, dass Kinder in einer von Erwachsenen geschaffenen sterilen Welt “gehalten” und überfürsorglich umsorgt werden, was Folgen hat für die Motivation und Lebenstüchtigkeit der Kinder – sich vor allem aber grundlegend negativ auf deren Gehirnentwicklung auswirkt.

“Kinder unter Daueraufsicht, die immer nur an der Hand von Erwachsenen umhergeführt werden, gleichen Haustieren, Stalleseln, die das Leben in der Freiheit nicht mehr kennen. Aus der Hirnforschung wissen wir, dass unter diesen Bedingungen die Ausreifung des Gehirns nicht optimal gelingt. Das Gehirn bleibt eine Kümmerversion dessen, was daraus hätte werden können.”

Eltern sollten stattdessen “…innerhalb ihres Wohnbereichs Räume schaffen, in denen die Kinder Dinge gestalten können. Denn das ist kindliches Spielen: gemeinsam Dinge gestalten, die nicht von Erwachsenen vorgeschrieben sind.”
Kinder “sollten Gelegenheit bekommen, eine selbstgestellte Aufgabe zu lösen, etwa ein Baumhaus zu bauen. Dabei erfahren sie, dass man das nicht hinkriegt, wenn man sein Werkzeug nicht zurechtlegt und nicht vorher einen genauen Plan gemacht hat. Kinder müssen eingeladen werden, sich als Weltentdecker und Gestalter dieser Welt zu betätigen – und das können sie am leichtesten im Spiel, nicht im Unterricht. …
Die meisten Eltern, viele Schulen und wahrscheinlich sogar einige Kultusbehörden haben noch nicht mitbekommen, dass die Wirtschaft und auch die Hochschulen am schlimmsten darunter leiden, dass dort junge Leute ankommen, die nicht genug Motivation mitbringen. Sie haben die Lust am Entdecken und Gestalten hoffnungslos verloren.
Wir versuchen immer, den Kindern in der Schule Sachwissen beizubringen. Dabei haben Pädagogen schon vor hundert Jahren darauf hingewiesen, dass es nicht darauf ankommt, einfach nur die Kulturgüter an die Kinder weiterzugeben, sondern darauf, in den Kindern immer wieder neu den Geist zu wecken, der die Kulturgüter hervorbringt.”

Wie sollen Kinder in einem Klima permanenter Überbehütung, die oft mit Liebe verwechselt wird, Lebensneugier, Entdeckerfreude, Lernmotivation entwickeln? Dass Kindern ständig die Trauben in den Mund wachsen, hat zur Folge, dass gar nicht mehr existentiell erlebt wird, dass man etwas tun muss, damit Leben funktioniert und gelingt. Die auf die Schulsituation reduzierte und isolierte Forderung, etwas “zu leisten”, verpufft oft im Unverständnis der Kinder und Jugendlichen, die dazu gar keinen Anlass sehen, weil alles ja auch ohne eigenen Einsatz weiter funktioniert: Essen steht auf dem Tisch, Wäsche ist gewaschen, Taxidienst läuft, Konsumartikel werden nach Wunsch geliefert etc. Wozu sich anstrengen, Frust ertragen, selbst aktiv werden?

Dabei geht es nicht darum, wertkonservative Vorstellungen durchzusetzen, sondern schlicht, wie der Neurobiologe sagt, um Fakten: um die optimale Hirnentwicklung bei Kindern.
Dass bei einem oft zwei Jahrzehnte dauernden “Drohnenleben” der Kinder die Hirnentwicklung nicht günstig verläuft, ist kein Wunder.

Es ist auf Dauer gefährlich, Kinder nur maximal zu “pampern” und zu Reproduzenten unseres Werte- und Bildungssystem zu machen, das mittlerweile ja nun auch nicht mehr den besten Ruf hat. Es geht darum, Kinder darin zu unterstützen, lebendige Menschen zu werden, die, ausgestattet mit grundlegenden Kompetenzen, Motivation und Lebensfreude, ihren Weg machen können.

Dies sollte Erziehungsmaxime sein, in Elternhaus, Schule und Gesellschaft – und nicht nur bezogen auf Kulturgüter:

Es kommt nicht darauf an, einfach nur Wissen und Bildung an die Kinder weiterzugeben, sondern darauf, in den Kindern immer wieder neu den Geist zu wecken, der Wissen und Bildung hervorbringt.

 

Stipendien – Stiftungen

Studenten, die sich finanzielle Unterstützung erhoffen durch ein Stipendium, finden Informationen auf folgenden Seiten:

Stipendium Plus – Begabtenförderung im Hochschulbereich
Deutsche Forschungsgemeinschaft – DFG
Deutscher Akademischer Austausch Dienst DAAD
Bundesverband Deutscher Stiftungen

 

Diskriminierung von Frauen: Es bleibt schwierig

Da ist eine studierte Frau, Hauptverdienerin der Familie – und mit Herzblut bei der Arbeit. Der R+V Konzern ist voll des Lobes.
Sie ist allerdings Türkin, Sule Eisele-Gaffaroglu, wenn auch schon in Deutschland geboren. Dann wird sie auch noch schwanger. Sie will nach der Mindestmutterschutzzeit sofort weiterarbeiten, weil ihr Einkommen halt das Familieneinkommen ist.
An ihrem letzten Arbeitstag vor dem Mutterschutz darf sie ihren Nachfolger begrüßen: männlich, deutsch, dazu mit einem noch höheren Gehalt.

Man lese in der Süddeutschen: Hochschwanger ohne Existenzgrundlage und weiter Schwanger, türkisch, degradiert.

Ob nach dem Gleichbehandlungsgesetz vor Gericht nun wirklich einmal ein Exempel statuiert wird, muss man abwarten.
Der R+V-Konzern jedenfalls fährt die harte Linie.

Aber seit bekannt wurde, dass Versicherungen im Internet Arbeitgebern großzügigerweise Argumentliste und Musterkündigungen für Schwangere und Behinderte zur Verfügung stellen, wundert einen da nichts mehr.

Ich habe den Eindruck, jeder kickt im Moment die Frauen dahin, wo er sie am praktischsten findet.

 

Drill für Jungs – Freie Lernräume für Mädels?

Über die Problematik der Rolle der Jungen in der heutigen Pädagogik wird in letzter Zeit häufig hingewiesen.

“In den jüngsten Statistiken liegen die Mädchen in der Schule bei den mittleren und den höchsten Abschlüssen vorn. Der Anteil weiblicher Schüler an den Gymnasien wächst, während an den Hauptschulen, den Sonder- und den Förderschulen die männlichen Schüler dominieren. Inzwischen verlassen fast doppelt so viele Männer die Schule ohne Hauptschulabschluss wie junge Frauen. Heute erwirbt etwa ein Drittel der jungen Frauen die Hochschulreife, während es bei den jungen Männern nur ein Viertel so weit schafft.”

Ein Grund für schwierige Situation vieler Jungen in Schule und Ausbildung wird in der “Verweiblichung” der Pädagogik gesehen. Dass überproportional mehr Frauen als Männer in erzieherischen Berufen tätig sind, ist nun wirklich kein Geheimnis. Zum einen gibt es das unglaublich große “Heer” der alleinerziehenden Mütter. Vater Fehlanzeige. Zum anderen mag der extrem hohe Frauenanteil vor alleim in der Vorschul- und Grundschulbildung darin begründet sein, dass, wie schon einmal erwähnt wurde, “Arbeit desto schlechter bezahlt wird, je näher sie am Menschen ist.” Kann man mit dem Gehalt eines Erziehers/einer Erzieherin eine Familie ernähren?

Die Gründe für die problematische Entwicklung vieler Jungen, zumal derer mit Migrationshintergrund, sind jedoch vielfältiger. Die ZEIT widmet diesem Thema einen interessanten Artikel.

“Mädchen wollen deutlich häufiger als die Jungen eine anspruchsvolle Bildungslaufbahn am Gymnasium mit Abitur als Fernziel durchlaufen. Sie sind ehrgeiziger als die Jungen. Sie fallen zudem durch ein viel kreativeres Freizeitverhalten auf. Steht bei allzu vielen Jungen die stundenlange Beschäftigung mit elektronischen Medien im Vordergrund, so kombinieren die meisten Mädchen die medialen Anregungen mit alle Sinne ansprechenden Aktivitäten. Handarbeit, Tanzen, Sport, Musizieren und Basteln sind bei ihnen viel stärker verbreitet als bei Jungen.
Das wenig anregende Freizeitverhalten der Jungen hat eindeutig negative Effekte auf ihre Lern- und Bildungsmotivation. Denn durch Fernsehen, Computer und Spielkonsolen werden über viele Stunden am Tag der Sehsinn und der Hörsinn bis zum Gehtnichtmehr trainiert, aber andere wichtige Entwicklungsimpulse bleiben aus. Wie die Hirnforschung bestätigt, kommt es bei einer solchen einseitigen Anregung nicht zu der für eine gesunde Entwicklung notwendigen Verschaltung von Sinneszentren und entsprechend auch nicht zu optimalen sozialen, emotionalen und intellektuellen Kompetenzen.”

Beschrieben wird im Artikel der ZEIT auch, dass zwar die Frauen in den letzten Jahrzehnten zu einem neuen Selbstverständnis ihrer Rolle gefunden haben, so schwierig und unvollkommen das alles bisher auch verwirklicht worden ist, Jungen und Männer, auch hier wieder ausgeprägter bei vorliegendem Migrationshintergrund, jedoch sehr häufig noch von Bildern des “Mann-Seins” beherrrscht werden, die nicht mehr aktuell sind – mit fatalen Konsequenzen:

“Die jungen Männer ziehen hier nicht mit. Nur eine Minderheit von ihnen kann sich eine echte Arbeitsteilung mit der späteren Partnerin vorstellen. Sie klammern sich am traditionellen Männerbild mit der Fixierung auf das eine K der Karriere fest. Sie glauben, als Angehörige des männlichen Geschlechts nach wie vor eine garantierte Option auf den beruflichen Erfolg und die Rolle des Familienernährers zu haben. Entsprechend wenig Ehrgeiz wird deswegen in die Schule investiert.”

Und weiter:
“Das traditionelle Männerbild herrscht in fast allen europäischen Ländern auch bei den Jugendlichen noch vor. Es ist durch ein instrumentelles Verhältnis der jungen Männer zu ihrem Körper geprägt. Völlig anders bei den Mädchen und den jungen Frauen. Sie bauen spätestens mit der ersten Menstruation ein sensibles und sehr bewusstes Verhältnis zu ihrem Körper auf. … und entsprechend fällt es ihnen leichter, sich bei Anspannungen und bei Belastungen, auch bei Leistungsproblemen anderen gegenüber zu öffnen. Die jungen Männer hingegen sind in ihrer Geschlechtsrolle befangen und schneiden sich damit von möglichen kritischen und selbstkritischen Impulsen für ihre Weiterentwicklung ab. Das überträgt sich indirekt auf ihre Leistungsfähigkeit. Die Studien zeigen nämlich, wie unrealistisch ihre subjektive Einschätzung von Begabung und Fähigkeiten ist. Die Jungen glauben nicht nur, sie seien körperlich unbesiegbar, sie glauben fatalerweise auch, in der Schule richtig gut abzuschneiden, auch wenn das nicht der realen Bewertung entspricht.”

Fazit:
“Als das bisher benachteiligte Geschlecht in Bildung und Beruf entdecken die jungen Frauen die Mechanismen des Aufstiegs durch Leistung und machen sie sich zunutze. Die Männer verschlafen diese Entwicklung, weil sie glauben, der hohe soziale Status sei für sie gesichert. Sie verkennen die Spielregeln der modernen Leistungsgesellschaft.”

“Neue Männer braucht das Land” – Das heißt, dass es wohl tatsächlich so ist, dass vielen Jungen positive männliche Identifikationsfiguren fehlen, an deren Vorbild sie neue Selbstverständlichkeiten des “Mensch-Seins” als Mann für sich entwickeln könnten.

“Sie müssen die Gelegenheit haben, als machtvoll und überlegen aufzutreten, den sozialen Raum um sich herum zu erobern und die besonderen Formen der männlichen Selbstbehauptung zu praktizieren. Sie müssen »Mann« sein dürfen. Entsprechend wichtig sind Bewegungsimpulse nicht nur im Sport und in den Pausen, sondern möglichst in jeder Stunde. … Das Fernziel der Männerförderung ist dann, analog zur Frauenförderung, die Fixierung auf die traditionelle Geschlechtsrolle abzubauen und zu einem flexibleren Verständnis von Mannsein zu kommen. Das ist die wichtigste Erkenntnis der Studien: Die Leistungsfähigkeit der jungen Männer kann effektiv nur dann gefördert werden, wenn ihre gesamte Perspektive der Lebensführung inklusive ihres Körper- und Begabungsselbstbildes zum Thema wird.”

Die Frage ist nur, was die in der Überschrift des ZEIT-Artikels formulierte Forderung “Lasst sie Männer sein”, die sicher ihre Berechtigung hat, dann wiederum für die Pädagogik der Mädchen bedeutet.

Also doch wieder zurück zur Geschlechtertrennung im Unterricht?

Es scheint vieles dafür zu sprechen – und dass sich die Geschlechter dabei aus den Augen verlieren könnten, das braucht man heutzutage ja nun weiß Gott nicht mehr zu befürchten.

Pro Trennung: Bei Mädchen kommen dabei erwiesenermaßen bessere Leistungen in naturwissenschaftlichen Fächern und in der Mathematik heraus – und bei den Jungen könnten stärkeres körperliches Abreagieren und klarere Regeln für eine positive Entwicklung – auch in sozialer Hinsicht – förderlich sein.

“Durch Ansätze des »offenen Unterrichts« und unstrukturierte, auf Harmonie und Konfliktunterdrückung ausgerichtete pädagogische Arbeit, die vielerorts vorherrscht, haben Mädchen bessere Entfaltungsmöglichkeiten als Jungen. Ein gut strukturierter und regelgeleiteter Unterricht, das hat schon die Reformpädagogik in den 1920er Jahren immer wieder betont, schafft klare Erwartungen und drückt gleichzeitig Wertschätzung für jedes Gemeinschaftsmitglied aus. Das brauchen Jungen heute, um sich in die Welt der schulischen Leistung einfügen zu können. Kommt ihnen diese Welt allzu weiblich daher, dann stellen sich bei ihnen Fremdheitsgefühle ein, und sie können keine guten Fachleistungen abliefern.”

Drill für Jungs – Freie Lernräume für Mädels?

 

Der Gipfel: Es geht ja nur um Bildung…

Bildungsgipfel wie zu erwarten. Hat jemand an wirkliche Ergebnisse geglaubt?
Hatte jemand ernsthaft die Hoffnung, die Bundesländer würden sich bewegen?
Viel Geld soll investiert werden – aber es sind keine wirklichen Ziele formuliert worden. Jedes Bundesland wird also wieder herumkleckern.

Der Berg kreiste – und heraus kam eine Maus.
Die SZ titelt dann auch entsprechend: Als Tiger gestartet, als Bettvorleger gelandet.

Scharfe Kritik an Ergebnissen des Bildungsgipfels heißt heute der Artikel der WAZ zum Thema, nachdem sie gestern noch etwas “brav” genachrichtet hatte: Bund und Länder schnüren Milliardenpaket für Bildung.

Die ZEIT ist auch mehr als skeptisch: Kompromiss auf wackligen Füßen und einen Tag später sogar: Eine herbe Enttäuschung.

Der SPIEGEL wird ebenfalls deutlich: Länderchefs blockieren Merkels Prestigeprojekt.

Wer es nicht lassen kann und noch mehr zum Runterziehen braucht, der lese weiter in der Süddeutschen: Die Macher blieben daheim.
Die SZ legt noch nach: Bildung und Föderalismus – Ein deutscher Sadismus wird dort jetzt zusätzlich getitelt. Man lese…

Wer sich jedoch stattdessen ein paar schöne, warme Gedanken machen will – und immer noch Illusionen für kommende Realität halten kann, der findet immerhin etwas Aufbauendes bei der ZEIT. Ein Artikel dort zum Thema lautet: Bildungsgipfel Deutschland mit dem Untertitel Was die Kanzlerin heute bei ihrem Treffen mit den Länderchefs sagen müsste: Vorschlag für eine Regierungserklärung zur Bildung

Ach, das wäre doch was…

Und wovon träumen wir morgen?

Ach ja: Was bleibt, ist Streit ums Geld. Nachzulesen in der ZEIT.

 

Vorbildhaft

Es sage keiner mehr, niemand wisse doch, wie man heute Schule “richtig” und richtig gut machen könne. Dass es mittlerweile durchaus Schulen gibt, die wegweisend sein können, darüber berichtet ein Artikel der ZEIT mit dem Titel Freiarbeit statt Stundenplan, der Quelle der folgenden Zitate ist.

Es gibt sie also wirklich und wahrhaftig, die Vorbilder – und sie funktionieren gut!!
Ihr Geheimnis: Diese Schulen steigen aus der Tradition der Belehrung aus. Sie arbeiten an einer anderen Choreografie.

1.) Die Bodenseeschule, Friedrichshafen
“Morgens, kurz nach halb acht. Der Lehrer ist schon da. Auch die ersten Schüler kommen vor Unterrichtsbeginn. Der Lehrer begrüßt sie mit Handschlag, wie ein Gastgeber. Er hat bereits einiges vorbereitet. Die Schüler holen sich ihr Material ab und legen los. Einfach so. Sie warten nicht auf den Gong. Die Schüler sind in der Pubertät, es ist eine Hauptschulklasse. Das sei eigentlich der Tiefpunkt, hört man überall, 7. Klasse Hauptschule, oh je. Aber vom täglichen Kleinkrieg oder vom „pädagogischen Lazarett Hauptschule“ ist hier nichts zu spüren.”

2.) Die Max-Brauer-Schule in Hamburg Altona, die von der Vorschule bis zum Abitur geht und bei Pisa bestens abschnitt.
“Auf diesen Lorbeeren wollte sich die mit dem deutschen Schulpreis ausgezeichnete Schule aber nicht ausruhen. Eine Lehrergruppe hat über Jahre ihre „Traumschule“ konzipiert und schließlich die Schulkonferenz überzeugt. Für die Schüler wird ab der fünften Klasse das tägliche Lernbüro eingerichtet, in den ähnlich wie in der Bodenseeschule jeder morgens an seiner Sache, man könnte auch sagen an sich selbst arbeitet: Mathe, Schreiben, Lesen. Lehrpläne wurden in Kompetenzraster umformuliert. Jeder kennt die Ziele. Stolz sagen nun die Lehrer, dass sie nie mehr Dompteure sein wollen. Neben dem Lernbüro gibt es Projekte, zum Beispiel in den Naturwissenschaften. Eine dritte Säule sind Werkstätten für Musik, Kunst, Theater oder auch Kochen. Lehrer arbeiten dabei mit Künstlern und Handwerkern zusammen. Zunächst zweifelten die Pädagogen, ob Schüler einen so weiten Spannungsbogen überhaupt durchhalten. Bald wurden sie überrascht. Die Zeit reicht den Schülern nicht, sie wollen oft mehr. Und auch die Lehrer sind nun länger in der Schule. Manchmal gehen sie erschöpft nach Hause, aber fast immer zufriedener als früher.”

3.) Bürgeln, Schweiz
“Dort wurden in der Sekundarschule die Wände eingerissen. Mehr als 60 Schüler aus drei Klassen eines Jahrgangs teilen sich nun mit vier Lehrern eine sogenannte Lernlandschaft. Die Lehrer arbeiten im Team. Das ist für Schüler eine neue und wirklich nachhaltige Erfahrung.”

4.) Romanshorn, Bodensee
Schulgründer Peter Fratton: “Lehrer sollten niemals Schüler motivieren, sie müssen selbst von etwas begeistert sein. Auch in den von ihm gegründeten „Häusern des Lernens“, die im Besitz der Lehrer sind, wurden Klassenräume zu Lernateliers umgebaut. Es gibt Arbeitsplätze für Lehrer, die jetzt Lernbegleiter heißen. Es gibt Laptop-Galerien zum Recherchieren für die Schüler, die man nun Lernpartner nennt.”

Es gibt sie also, die Aufbruchsstimmung. Es gibt sie also, die Schulen und Lehrer, die nicht mehr klagen, sondern wagen. Etwas ganz Neues, Eigenes schaffen.

Kopf in den Sand stecken gilt nicht mehr!