Archiv für die Kategorie Hochbegabung

Mobbing in der Schule

Heute gibt’s zu Mobbing in der Schule unter dem Titel Rotkäppchen und Wölfe bei Spiegel online einen interessanten und umfassenden Bericht zu lesen.

Auch hochbegabte Kinder sind immer wieder vom Mobbing betroffen. Oft sind es noch nicht einmal evtl. gute Zensuren, die die Mitschüler zum Rasen bringen. Manchmal sind es eher Vorlieben oder “Verhaltensmarotten”. Ich erinnere mich an einen Jungen, der bis zur Bewusstlosigkeit geschlagen wurde, weil er auch im Winter mit Sandalen ohne Strümpfe herumlief. Bei einem Mädchen reichte es, dass es in den Pausen lieber ihr Buch weiterlas als mit den anderen Mädchen zu kichern und Jungs zu ärgern. Ein Junge schrieb nur mit einem bestimmten Füller, einem Erbstück, mit Nachfülltinte…
Und so weiter…

 

Preis «Begabtenförderer des Jahres»

Der Landesverband Hochbegabung Baden-Württemberg verleiht seit 2004 in jedem Herbst den Preis «Begabtenförderer des Jahres».
In diesem Jahr bekommt ihn das Projekt “HeidelSat” in Heidelberg, wie derNewsticker.de in einer Pressemitteilung verkündet.

Prof Gottscheber von “HeidelSat” unterrichtet an der staatlich anerkannten SRH-Hochschule in Heidelberg. Er hat Großes vor:

“Gemeinsam mit seinem Team baut er an einem Satelliten, den er übernächstes Jahr 600 Kilometer weit ins All schießen lassen will. Dieser soll die Ursachen des Klimawandels auf der Erde untersuchen. … Das Heidelberger Team besteht aus sechs Wissenschaftlern und neun Studenten. Außerdem waren Kinder aus umliegenden Schulen in die Planungen für Heidelsat miteinbezogen. Das Projekt soll junge Menschen für technische und wissenschaftliche Berufe begeistern. Bei der Forschung im All geht es um die Frage, ob die Klimaerwärmung neben dem vom Menschen ausgelösten Treibhauseffekt womöglich auch mit der kosmischen Strahlung zusammenhängt. … Ihre Motivation erhalten Gottscheber und seine Kollegen nicht nur aus dem wissenschaftlichen Ziel. Auch die teils hochbegabten Kinder verleihen dem Projekt Impulse, wie Gottscheber betont. Sie haben beispielsweise den ersten Funkkontakt zur Internationalen Raumstation ISS vorbereitet, die in etwa 360 Kilometern Höhe um die Erde kreist. Einige der Schüler belegen Kurse an der Hochschule Heidelberg, um eine Amateurfunklizenz zu erwerben. »Dabei handelt es sich durchaus um eine komplexe Materie», betont Gottscheber.”

Das Projekt HeidelSat wurde wegen der Kooperation mit den Schülern mit dem «Sonderpreis Begabtenförderer-Hochschule 2007» ausgezeichnet.

 

Interessante Antwort!

Mit 22 Jahren ist er der jüngste Professor Deutschlands: Der Ukrainer Ostap Okhrin unterrichtet seit April diesen Jahres Statistik an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin.

“Okhrin schaffte letztes Jahr mit 22 Jahren die Promotion an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt an der Oder, Note: Summa cum laude. Im April wurde er dann Statistikprofessor, kurz vor seinem 24. Geburtstag. Die meisten seiner Studenten sind in seinem Alter oder oftmals sogar älter als er, aber das stört Okhrin nicht.”
Er spricht “… fließend Deutsch, könnte aber ebenso gut jede Diskussion auch auf Englisch, Russisch und natürlich in seiner Muttersprache auf Ukrainisch führen. Seit fast drei Jahren lebt der dunkelhaarige Statistikexperte in Frankfurt an der Oder.”

Auf die Frage seines Interviewpartners von Spiegel online, ob er denn in Deutschland bleiben wolle mit seiner Familie, antwortet Okhrin:

“Wenn Deutschland mich braucht, dann bleibe ich.”

 

“Ich konnte tun, was ich wollte, immer war ich falsch.”

Dieser Satz der Studentin Alena Lyons, die in Tübingen mit ihren 19 Jahren schon im 7. Semester studiert, ist symptomatisch für die Schwierigkeiten hochbegabter Kinder, eine positive Identität aufzubauen.

Die Reaktionen der Umgebeung signalisieren immer, dass etwas nicht stimmt: “Schneller oder anders zu lernen war genauso falsch wie mein Musikgeschmack und die Kleidung, die ich trug.”

Versuche, sich so anzupassen, dass man nicht auffällt, scheitern meist kläglich, so wie Alena schildert: “Mit der Zeit war ich total verunsichert, und meine Versuche, irgendwie anerkannt zu werden, müssen komisch gewirkt haben. In allen Dingen war ich anders, und es ging ja vor allem darum, so zu sein, wie alle anderen. Das habe ich einfach nicht geschafft.”

Diese Versuche scheitern zum einen, weil sie von den Mitschülern entlarvt werden, zum andern scheitern sie auch deshalb, weil die Hochbegabten es einfach nicht durchhalten können, zu versuchen, so zu sein wie die anderen, weil sie es eben nicht sind.

So sitzen Hochbegabte oft in der Falle: So zu sein wie die anderen, das geht nicht; so zu sein, wie sie sind, trauen sie sich nicht, weil das von der Umwelt als “problematisch” zurückgespiegelt und so ein Gefühl des Falsch-Seins vermittelt wird.

In einer solchen Situation ein gesundes Selbst- und Identitätsgefühl aufzubauen, das ist schwierig.

Viele hochbegabte Erwachsene, die z. T. sehr spät von ihrer Gabe erfahren haben, schildern, dass sie sich bis zum aktuellen Tag immer noch in dem Dilemma befinden, weder zu den anderen zu gehören noch sie selbst sein zu können. Große Einsamkeit ist oft mit diesem Gefühl verbunden, vermischt mit Schuld- und Mangelgefühlen und vor allem großer Ratlosigkeit.

Alena gibt sich da abgeklärter: Auch an der Uni gibt es ab und an Probleme, aber: “Einige gehen auf Distanz, aber das stört mich nicht. Ich möchte nicht jeden zwingen, gut mit mir auszukommen. Im Gegensatz zur Schule kann man sich an der Uni ja auch aus dem Weg gehen.”

Das Interview mit Alena ist nachzulesen im Schwäbischen Tagblatt.

 

Wissbegier ohne Ende

Einen wirklich ordentlichen Artikel zur Hochbegabung findet man bei Spiegel online.
Der Titel ist ein bisschen reißerisch, der Inhalt aber recht ausgewogen.

Man lese hier: Wütende Wissbegier

 

Abseits der Norm…

… titelt die Süddeutsche Zeitung ein Interview mit dem Erziehungswissenschaftler Martin Textor über hochbegabte Kinder.

Ganz ordentlich, keine neuen Erkenntnisse.

Ein bisschen sehr naiv ist allerdings die Antwort des “Experten” auf die Frage, wie man sich verhalten solle, wenn man eine besondere Begabung beim Kind vermute:

“Man sollte dem Kind so früh wie möglich entsprechende Angebote erschließen, in Musikschulen, Sportvereinen oder Volkshochschulen. Intellektuelle Begabungen hingegen werden innerhalb des Bildungssystems gefördert

Naja, ob der Richtigkeit dieser Ansicht lachen leider oft und immer noch doch nur die Hühner… Da sollte der Herr Erziehungswissenschaftler eigentlich doch etwas besser Bescheid wissen.

Also: Man lese oder lasse es.

 

Inspiration und Transpiration

Anlässlich der Vergabe der Nobelpreise in diesem Jahr ist auf WELT-ONLINE eine Artikel mit dem Titel Das Geheimnis der Genies zu finden.

Dort wird u.a. über den Zusammenhang zwischen Hochbegabung und der Wahrscheinlichkeit, den Nobelpreis zu erhalten berichtet – mit der Frage, was die klügsten Köpf unserer Zeit von den gewöhnlichen wohl unterscheidet.

Der Weg, über das Sezieren und die Analyse des Gehirns von Einstein (schon 3 Stunden nach seinem Tod), Aufschluss bezüglich des Wesens der Genialität zu erhalten, erwies sich letztlich als nicht besonders aufschlussreich.

Die Beobachtung von 250.000 Jugendlich, davon 1500 hochbegabt, über 70 Jahre hin zeigte: “Viele der Überflieger besetzten zwar Spitzenpositionen, ihr Einkommen war in der Regel hoch. Überraschend aber auch: Die brillant intelligenten Köpfe waren erfolgreich – aber keinesfalls die erfolgreichsten. Keiner dieser Hochbegabten bekam den Nobelpreis, die Fields-Medaille, den Pulitzerpreis. Dafür aber einige hochbegabte Kinder, die Terman als nicht intelligent genug von seiner Untersuchung ausgeschlossen hatte – darunter William Shockley und Luis Alvarez. Beide wurden Jahrzehnte später mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet.”

Gründe: “Dass ungewöhnliche Intelligenz nicht automatisch großer Erfolg bedeutet, ist unter Naturwissenschaftlern eine Binsenweisheit. Thomas Alva Edison, der die Glühbirne erfand, hat die Sekundärtugenden neben dem Genie gewichtet: “Ein Prozent Inspiration, 99 Prozent Transpiration.” Edisons Flapsigkeit ist statistisch unterfüttert. Der aus Ungarn stammende Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi hat sich 91 kreative Köpfe vorgeknöpft – Schriftsteller, Musiker, Physiker, Biologen, viele Nobelpreisträger.
Keine der Persönlichkeiten erfüllte das Klischee vom entspannten Überflieger. Sämtliche erfassten Denker und Schöpfer waren harte Arbeiter – sie waren sogar von Arbeit regelrecht besessen. Erfolgreiche Kreative, so fasst es der Ungar zusammen, ‘machen Überstunden, arbeiten mit höchster Konzentration’.”

Zum Erfolgsrezept gehören neben IQ, Inspiration und Transpiration noch, nach Rost, “‘Erstens gute Beziehungen. Schüler von Preisträgern haben nachweislich bessere Chancen. Zweitens muss das wissenschaftliche Umfeld stimmen. Ebenso wichtig sind ein guter Mentor und natürlich hohe Leistungsbereitschaft.'”

Auch noch erforderlich: Kreativität. Dabei hat sich in Studien herausgestellt, dass wohl tatsächlich “Genie und Wahnsinn” in bestimmter Hinsicht eng zusammenliegen: “Sowohl Schizophrene als auch Kreative haben, wie es scheint, die Neigung, alle Reize, die in ihr Gehirn eintreffen, unsortiert als gleichwertig wahrzunehmen. Risiken und Nebenwirkungen eingeschlossen: Die Gefahr ist, in der Reizflut unterzugehen, mit Denkstörungen und Halluzinationen, den beiden Kardinalsymptomen der Schizophrenie. Den Kreativen gelingt es dagegen, das Chaos zu nutzen.”
Besonders groß war das beobachtete Risiko bei Mathematikern: “Geisteswissenschaftler sind genetisch unbelastet. In ihren Familien kommen Psychosen nicht häufiger vor als im gesellschaftlichen Mittel. Anders sieht das bei den Mathematikern aus: Zwei bis drei Mal so viele Psychosen wie erwartet plagen ihre Familien.”, so das Ergebnis einer Studie des Isländers Jon Karlsson.

Gar nicht so leicht, Nobelpreisträger zu werden…

 

Das Ende der Dressur…

… wird im Artikel in der SZ Schluss mit der Dressurschule gefordert.

Alleine schon dieser Satz…
“Es gibt keine Motivation von außen. Wir haben lediglich die Möglichkeit, die Motivation, die ein Kind von vornherein mitbringt, nicht kaputt zu machen.”

Oder diese Sätze…
“Die meisten glauben immer noch, es käme auf Mathe, Englisch und Deutsch an, aber es kommt darauf an, dass die Kinder begeistert Mathe, Englisch, Deutsch und was auch immer lernen. Wichtig ist nicht, die Kulturgüter zu überliefern, sondern den Geist anzuzünden, der die Kulturgüter hervorgebracht hat. Dann bekommen wir von ganz allein hervorragende Weltentdecker.”

Bitte einfach lesen.

 

Fazit

Nun ist er also vorbei, der DGhK-Jubiläumskongress20/20 Zukunft Denken – in Essen, Haus der Technik.

Er war eine schöne runde Sache. Alles verlief reibungslos, gut organisiert und durchdacht.
Ein Thema mit Blick auf die Zukunft zu nehmen, war eine gute Idee.

Die Referenten lieferten sehr interessante und z. T. streitbare Aspekte dazu:
Prof. Albert Ziegler, einer der profiliertesten internationalen Begabungsforscher, dem von den Vereinigten Emiraten und jetzt auch Korea mehrstellige Millionenbeträge für Konzepte zur Förderung der (Hoch-)Begabten des Landes hinterhergeworfen werden, mit seiner Hauptthese, dass Intelligenz durch gezielte Förderung z.B. durch Mentorenprogramme, eindeutig erhöht werden kann;
Dr. Pero Mićić, Zukunftsforscher und Vorstand der FutureManagementGroup AG, mit seinem interessanten Entscheidungsmodell mit Blick auf die Zukunft, das unterschiedliche Kriterien der Entscheidungsfindung beinhaltet, nach denen sowohl Individuen als auch Organisationen Zukunft gestalten können – Überraschungen inbegriffen;
Prof. Dr. Stephan Jansen, Präsident der privaten Zeppelin Universtiy in Friedrichshafen, in seiner unnachahmlich charismatisch-arroganten Art, der sich spürbar wohlfühlte in einer Art von Bad-Boy-Attitüde – aber völlig überzeugte durch knallharte Zahlen und Fakten angesichts derer es einem angst und bange werden kann bezüglich der Zukunft der “Bildungsrepublik” Deutschland.

Gisela Steinhauer vom WDR war dabei eine geniale, kundige und witzige Moderatorin.

Einfach mal etwas anderes!!

Die Jugendlichen arbeiteten in einem Theaterworkshop mit dem bekannten Theaterpädagogen, Musiker und (Impro-) Schauspieler Jens Niemeier und bereicherten das Ganze mit ihrem gelungenen Impro-Theater-Auftritt, bei dem sie eine Versteigerung hochbegabter Experten an den Meistbietenden improvisierten, wobei dann auch schon einmal jemand per Höchstgebot bei Al-Kaida landete, weil in Deutschland niemand Interesse hatte…

Die Kids waren den ganzen Tag unterwegs, zunächst im Mineralienmuseum Essen-Kupferdreh, dann auf dem Weltkulturerbe Zeche Zollverein – und waren fix und alle am Abend. Sicher ein gutes Zeichen.

Das Ambiente war super, das Essen gut – und die Stimmung auch. Der Markt der Möglichkeiten war gut bestückt und besucht.

Kurios war übrigens die Spende von Hipp, die unseren Kongress mit ungezählten Gläschen Babynahrung in riesigen Paketen sponserten, die wir dann irgendwie verteilen mussten.

Einziger Wermutstropfen: Es hätten gerne ein paar Leute mehr kommen können als rund 200! Keine Ahnung, warum es so schwer ist, die Leute zu mobilisieren. Nun hatten wir am Samstag auch zu konkurrieren mit vielen Veranstaltungen zum Weltkindertag. An der Organisation des Kongresses hat es sicher nicht gelegen: Aber auch wir in Rhein-Ruhr hatten im Frühjahr mit der schwierigen Motivationssituation zu kämpfen, als wir Ende April ein großes Jubiläums-Familienfest mit einem wirklich guten Programm veranstaltet hatten und von der Teilnehmerzahl doch auch etwas enttäuscht waren.

Auch die Resonanz der Presse hätte deutlicher sein können. Mehr als Artikel im Lokalbereich (hier und hier und hier) und ein Beitrag im WDR-Lokalfenster Ruhr war nicht drin, was ich nicht verstehe. Mobilisiert worden waren sie alle, auch alle überregionalen Zeitungen. Wenn Mensa eine Jahresversammlung hat, dann stehen dazu Artikel und Interviews in allen Zeitungen; richtet der Bundesverein der DGhK einen großen Jubiläumskongress zum 30-jährigen Bestehen des Vereins aus, hat niemand überregional Interesse.
Was machen wir da falsch? Hat einer eine Idee?

Wie auch immer:
Es war ein wirklich guter Tag und ein wirklich guter Kongress! Respekt und Dank an die beiden Organisatorinnen.

 

Kongress der DGhK am 20.9.2008 in Essen

20/20 – Zukunft Denken – so lautet das Thema des Jubiläumskongresses zum 30. Geburtstag der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK) am Samstag, 20.09.2008, im “Haus der Technik”, Essen.

Vorträge:
* Prof. Dr. Albert Ziegler, Ordinarius für Pädagogische Psychologie, Universität Ulm:
Zukunftsperspektiven 2020 im internationalen Vergleich
* Dr. Pero Mićić, Vorstand der FutureManagementGroup AG:
Wie Zukunftsexperten über Hochbegabung denken
* Prof. Dr. Stephan A. Jansen, Präsident der Zeppelin University, Friedrichshafen
PostPisaPhänomene – Thesen zu Höhen und Tiefen der Begabung, der Bildungspolitik und der Bildungsmärkte

Moderierte Podiumsrunde mit
* Prof. Dr. Albert Ziegler, siehe oben
* Marianne Demmer, stellvertr. Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
* Dr. Karsten von Köller, Chairman Lone Star Germany GmbH
* Dr. Waltraud Rosner, Geschäftführerin des Österreichisches Zentrums für Begabungsförderung
* Dr. Annelen Collatz, Team Testentwicklung Institut für Psychologie, Ruhr-Uni Bochum
* Peter Renzel, Leiter des Jugendamtes der Stadt Essen
* Elena Brandenstein,Referat Jugend der DGhK

Moderation: Gisela Steinhauer, WDR

Informationen, Anmeldemöglichkeiten etc. findet man hier – unter www.dghk.de.